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Gelegen in der nördlichen Präfektur Niigata, gehört die Stadt Nagaoka nicht unbedingt zu den Attraktionen, die bei Japanreisenden ganz oben auf der Liste stehen. Und zugegebenermaßen hätte auch ich mich wohl nie hierher verirrt, wenn mich an diesem Wochenende nicht ein Freund zu dem Ausflug in seine Heimatstadt eingeladen hätte, die allem voran für ihre zahlreichen Reisfelder bekannt ist. Aber auch für das Nagaoka Hanabi (長岡花火), ein jährlich stattfindendes Feuerwerk.

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Nagaoka: Heimatstadt des Reis

Der Reisanbau in Niigata und allem voran rund um Nagaoka herum, gehört zu dem größten Wirtschaftsfaktor der Region. Es können Sake-Brauereien besichtigt und Reiswein verkostet werden kann, wenn man sich nicht lieber für die süßeren Varianten entscheidet und zum Beispiel eine Spezialität Nagaokas, Sasa Dango, probiert. Die in Bambusblätter eingehüllten Süßspeisen aus Klebereis können so frisch nur in der Region Niigata erworben werden.

Das Nagaoka Hanabi: Ein Feuerwerk mit einem historischen Hintergrund

Diesmal sind wir jedoch nicht für den Sake oder die Sasa Dango nach Nagaoka gekommen, sondern für das jährlich stattfindende Feuerwerk (jap. Hanabi 花火). Das Nagaoka Hanabi findet jährlich am 2. und 3. August stattfindet.

Feuerwerke gehören zum Sommer in Japan einfach dazu, sie sind zu einem freudigen Ereignis geworden, zu dem sich Familie und Freunde treffen, um einen schönen Abend miteinander zu verbringen. Mädchen und junge Frauen ziehen Yukata, die farbenprächtigen Sommerkimonos an, während sie gespannt der Farbenpracht am Himmel entgegenfiebern.

Anders verhält es sich jedoch mit dem Nagaoka Hanabi, welches auf ein historisches Ereignis zurückzuführen ist. Die Stadt wurde im Zuge des 2. Weltkrieges, in der Nacht zum 1. August 1945, von einer strategischen Bombardierung der Amerikaner getroffen, die sich gegen militärische, aber auch zivile Ziele richtete. Insgesamt 125 Bomben trafen die Stadt in der nördlichen Präfektur, 1.486 Menschen verloren ihr Leben und gut 80% der Stadt wurden bei der Bombardierung zerstört.

Weshalb genau es Nagaoka traf, ist bis heute ungeklärt. Einige vermuten es habe daran gelegen, dass sie die Heimatstadt des japanischen Generals Isoroku Yamamoto ist, der die Attacke auf Pearl Harbor leitete, während andere die Vermutung äußern, dass die zahlreichen Chemielabore die Stadt zum Angriffsziel machten.

Wie dem auch sei, heute widmet sich das Emergency and Disaster Prevention Center der Stadt, der historischen Vergangenheit, gibt Opfern der Bombardierung in einer Ausstellung ein Gesicht und zeigt das Ausmaß der Zerstörung. Flugblätter und Zeitungsartikel von 1945 werden ausgestellt, während Stadtkarten zeigen welche Gebiete vollends vernichtet wurden und lebensgroße Nachbildungen der Bomben zeigen, welch einer Zerstörungskraft die Stadt ausgesetzt war.

Um den Opfern dieser Bombardierung zu gedenken, richtete die Stadt bereits im Jahr 1946 das erste Feuerwerk ihnen zu Ehren aus, welches bis heute zu einem festen Bestandteil des Sommers in Nagaoka gehört.

Eines der größten Feuerwerke Japans

Es ist jedoch nicht nur der historische Kontext, der Nagaokas Feuerwerk zu etwas besonderem macht, sondern auch seine Größe. Denn mit den rund 20.000 Feuerwerkskörpern, die zu dieser Zeit den Himmel über dem Fluss Shinano in Nagaoka beleuchten, gehört es zu einem der größten Feuerwerke Japans.

Während des Feuerwerks wird die Chosei Brücke, die die Stadt in Osten und Westen teilt, gesperrt, weshalb es ratsam ist sich auf der Seite aufzuhalten, wo man entweder sein Hotel gebucht hat oder wo sich die Bahnstation (auf der Westseite) befindet.

Auch wir sind zu diesem Anlass in Yukatas gehüllt, als wir uns unter die Menschenmassen mischen und unseren Platz suchen, den die Mutter meines Freundes in weiser Voraussicht bereits eine Woche im Voraus reserviert hat, indem sie eine blaue Plane an das Flussufer legte.

Ausgerüstet mit allen möglichen Köstlichkeiten, fiebern wir nun dem Feuerwerk entgegen, das musikalisch unterlegt ist und immer wieder Frequenzen einspielt, die auf eine Bombardierung hindeuten. Den Höhepunkt des ca. 1-stündigen Feuerwerks erreichen wir bereits nach einer halben Stunde, denn da der letzte Shinkansen in Richtung Tokio gegen 22 Uhr fährt, wird hier vor allem auf Besucher Rücksicht genommen, die nicht in Nagaoka oder näherer Umgebung nächtigen.

Das Farbenspiel am Himmel ist beeindruckend, immer wieder übertrumpft sich die Stadt mit ihrem Spektakel selber, während die Zuschauer, mich mit eingeschlossen, aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen. Bunte Farbverläufe, Goldregen, Herzen, Blumen, Fontänen… Es fehlen einem schlichtweg die Worte um auszudrücken, wie beeindruckend dieses Feuerwerk doch ist und so ziemlich jedes andere mit Leichtigkeit in den Hintergrund drängt.

Immer wieder erinnern Durchsagen zwischen den einzelnen Feuerwerksabschnitten an den ernsten Hintergrund dieses Spektakels, was nicht nur bei mir zu einer Gänsehaut führt. Das Ende kommt letztendlich viel zu schnell und doch zum rechten Augenblick.

Das Essen hat man vor lauter Staunen und Bewunderung vergessen, erst jetzt macht sich der knurrende Magen wieder bemerkbar, als wir die letzten Momente noch einmal Revue passieren lassen.

Anfahrt nach Nagaoka

Den JR Bahnhof Nagaoka erreicht man von Tokio aus in einer gemütlichen 1 1/2-stündigen Fahrt mit dem Toki Shinkansen. Da unser Zeitplan jedoch ein wenig konfus ist und wir nicht genau wissen, wann wir es an diesem Freitagbend aus dem Büro schaffen, machen wir uns mit dem Auto auf den Weg nach Nagaoka. Da die knapp 4-stündige Fahrt nach so einem Arbeitstag doch ein wenig anstrengend ist, nächtigen wir in der Stadt Takasaki, gelegen in der Präfektur Gunma und machen uns erst am nächsten Morgen wieder auf den Weg weiter Richtung Niigata.

Mit dem Auto durchqueren wir unteranderem den Kanetsu-Tunnel, der Gunma und Niigata voneinander trennt und mit einer Länge von knapp 11km zu den längsten Tunneln Japans zählt. Bereits auf der anderen Seite begrüßen uns die Reisfelder Niigatas, die nicht nur für fabelhaften Reis, sondern auch für besonders aromatischen Sake sorgen.

Die Erinnerungskultur an historische Ereignisse kann unterschiedlich ausfallen, mal sind es Denkmäler, dann wieder Museen oder eben Veranstaltungen. Mit dem Feuerwerk hat die Stadt Nagaoka es geschafft eine Nacht zu kreieren, die zwar an die Bombardierung erinnert, den Schrecken jedoch in weite Ferne rücken lässt.

Yvonne

Yvonne

Ursprünglich aus Berlin, habe ich in Japan meine zweite Heimat gefunden. Fasziniert vom Land, der Kultur und den Menschen, zieht es mich bereits seit 2012 regelmäßig in das Land der aufgehenden Sonne. Nach einem einjährigen Studienaufenthalt und einem Praktikum, zieht es mich 2022 wieder zurück in meine alte Heimat, in das Zentrum von Tokio.

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