{"id":80128,"date":"2021-09-09T18:29:05","date_gmt":"2021-09-09T09:29:05","guid":{"rendered":"https:\/\/voyapon.com\/de\/?p=80128"},"modified":"2024-12-02T08:26:36","modified_gmt":"2024-12-01T23:26:36","slug":"tod-in-japan-spiritualitaet-und-kultur","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/voyapon.com\/de\/tod-in-japan-spiritualitaet-und-kultur\/","title":{"rendered":"Der Tod in Japan: Spiritualit\u00e4t und Kultur"},"content":{"rendered":"\n
Tod – ein R\u00e4tsel, dass noch gel\u00f6st werden muss. Ein unbeantwortetes Ph\u00e4nomen, das alle Kulturen zu verstehen versuchen. Der Weg ins Jenseits betrifft jedes einzelne Lebewesen. Wohin gehen wir, wenn wir sterben? Was werden wir? Kann der Verstorbene uns beobachten und uns aus dem Jenseits helfen?<\/p>\n\n\n\n
Im Laufe der Geschichte hat jede Kultur eine Reihe von kollektiven Ritualen im Zusammenhang mit dem Tod geschaffen, um den Schmerz, den Verlust und das Fehlen von Antworten zu \u00fcberwinden.<\/strong> Der Tod in Japan ist ein faszinierendes Gespr\u00e4chsthema. Mit ihrem unglaublichen spirituellen Hintergrund, hat die japanische Kultur einen einzigartigen Weg, all diese Fragen zu beantworten.<\/p>\n\n\n\n Die shintoistische und die buddhistische Religion koexistieren in Japan in Harmonie. Beide haben viele Aspekte gemeinsam, wie zum Beispiel die Bedeutung der Seelen der Lebewesen. Deshalb sind in Japan Menschen, die sterben, immer noch wichtig.<\/strong><\/p>\n\n\n\n Innerhalb der Shinto-Religion gibt es den Glauben, dass jeder Mensch einen kami<\/em> (\u795e \u2013 g\u00f6ttlicher Geist) in sich tr\u00e4gt, der im menschlichen K\u00f6rper gebunden und geschw\u00e4cht ist. Beim Sterben gewinnt dieser Geist seine Kraft zur\u00fcck und kommt aus dem Verstorbenen hervor. Diese Seele interagiert auf unterschiedliche Weise mit der Welt der Lebenden. Aber im Gegensatz zu anderen L\u00e4ndern, braucht es jemanden, der sich um den Geist k\u00fcmmert und seine Grundbed\u00fcrfnisse zum \u201e\u00dcberleben\u201c deckt: Trinken, Essen und Unterhaltung.<\/p>\n\n\n\n Bevor sie jedoch in Frieden ruhen k\u00f6nnen, liegt noch ein langer und beschwerlicher Weg vor ihnen. <\/strong>Der Tod ist ein entscheidender \u00dcbergangsmoment, \u00e4hnlich der Geburt. Auf diese Weise m\u00fcssen der Verstorbene und seine Familie Rituale befolgen, um bei dieser Mission nicht zu scheitern.<\/p>\n\n\n\n Der Glaube sagt, dass man in Frieden sterben<\/strong> und die irdische Welt auf die reinste Weise verlassen muss. Dies mag uns an den christlichen Glauben erinnern, wo man bekennt, frei von jeder S\u00fcnde zu sein. Aber das japanische Konzept ist viel komplizierter. Ein Japaner kann nichts Ungel\u00f6stes zur\u00fccklassen, keinen Groll, nicht den geringsten Zweifel. Ein einfacher negativer Gedanke vor dem Sterben k\u00f6nnte Probleme auf ihre Reise ins Jenseits verursachen.<\/p>\n\n\n\n Seit ich begann mich f\u00fcr die japanische Kultur zu interessieren, erlebte ich einen Kulturschock in Bezug auf die japanische Art, Ehre und Moral zu zeigen,<\/strong> die sich von meiner eigenen Kultur v\u00f6llig unterschied. Nach Recherchen f\u00fcr diesen Artikel wurde mir klar, dass diese Unterschiede haupts\u00e4chlich auf die Gewichtigkeit zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, die der Tod in dieser Gesellschaft einnimmt.<\/strong><\/p>\n\n\n\n Wie ich oben erw\u00e4hnt habe, braucht der Geist eines Verstorbenen in Japan gro\u00dfe Hilfe von den Lebenden. Warum sollte man sich aber ein Leben lang mit umfangreichen Ritualen und Opfergaben f\u00fcr einen bereits Verstorbenen befassen? Die Antwort liegt in der moralischen Schuld (gimu<\/em> \u2013 \u7fa9\u52d9), die ein Kind seinen Eltern gegen\u00fcber besitzt.<\/strong><\/p>\n\n\n\n Eltern schenken einem Kind das Leben, wenn es geboren wird. Das Leben ist das Kostbarste, was wir haben. Daher wird ein Kind immer eine unermessliche Schuld namens gimu (\u7fa9\u52d9)<\/em> gegen\u00fcber seinen Eltern haben.<\/p>\n\n\n\n Diese Moral wird von Generation zu Generation weitergegeben, und ein Kind kann diese Gunst nur erwidern, wenn seine Eltern sterben.<\/strong> Wie? Indem es hilft, sie in Frieden gehen zu lassen und alle Rituale w\u00e4hrend der Beerdigung durchzuf\u00fchren. Danach bietet es ihnen weiterhin Essen, Trinken und Opfergaben an, damit sie eine ehrenvolle Ewigkeit haben k\u00f6nnen.<\/p>\n\n\n\n Wenn sie all diese Verpflichtungen erf\u00fcllen, erhalten sie eine Belohnung: ihr Vorfahre, jetzt als Sorei <\/em><\/strong>(ein guter Ahnengeist \u2013 \u7956\u970a), wird sie vor dem B\u00f6sen sch\u00fctzen<\/strong>. Aber wenn sie dies nicht tun, kann ihr Vorfahre auch zu ihrem schlimmsten Albtraum werden: ein Yurei<\/em> (\u5e7d\u970a), eine gequ\u00e4lte Seele<\/a><\/strong>, die beim Tod des Elternteils nicht die notwendige Aufmerksamkeit erhielt.<\/p>\n\n\n\n Dies ist der Grund, warum Obon, das Fest zu Ehren der Toten<\/a>, zu den gr\u00f6\u00dften Sommerveranstaltungen in Japan geh\u00f6rt. Obon-Tage sind f\u00fcr die Japaner unverzichtbar, denn es ist die Zeit des Jahres, in der sich alle im Haus der Familie versammeln, ihre Heimat besuchen und ihre Vorfahren ehren.<\/strong><\/p>\n\n\n\n Die Mischung aus der japanischen gesellschaftlichen Moral und dem religi\u00f6sem Aberglauben, l\u00e4sst Japaner ihre Vorfahren sowohl f\u00fcrchten als auch lieben. Aus diesem Grund besitzen die meisten japanischen H\u00e4user heutzutage Alt\u00e4re, die ihren Verstorbenen gewidmet sind und wo sie ihnen Essen, Sake und einen Teil ihrer Gedanken anbieten. Zum Teil aufgrund dieser moralischen Verpflichtung, f\u00fcr die Erf\u00fcllung dieser unermesslichen Schuld und zum Teil daf\u00fcr, um vor allem \u00dcbel gesch\u00fctzt zu sein.<\/p>\n\n\n\n Shinto<\/strong> ist die urspr\u00fcngliche Religion in Japan. Sie glaubt an das Konzept von konoyo <\/em>(\u3053\u306e\u4e16 \u2013 diese Welt) und anoyo <\/em>(\u3042\u306e\u4e16 \u2013 das Jenseits). Aus der Shinto-Perspektive sind diese beiden Welten eng miteinander verbunden. Obwohl es schwierig ist, das Jenseits zu erreichen, ist es einfacher, sich zwischen den Welten zu bewegen, wenn man einmal dort ist. Deshalb denken manche Japaner, dass die Anwesenheit eines Geistes sehr nat\u00fcrlich ist. Diese Seelen werden, bevor sie das anoyo <\/em>erreichen, durch die yominokuni <\/em>(\u9ec4\u6cc9\u306e\u56fd) gehen, eine Art Totenreich, in das Verstorbene gehen, wenn sie sterben. Der Eingang zu diesem Ort soll sich physisch in Yomotsu Hirasaka <\/strong>in Izumo in der Pr\u00e4fektur Shimane befinden.<\/p>\n\n\n\n Als der Buddhismus <\/strong>in Japan einkehrte, gab es Ver\u00e4nderungen in der Welt der Toten. Eine davon war die Tradition der Ein\u00e4scherung des Verstorbenen<\/strong>. Im Laufe der Jahre entstanden neue Konzepte \u00fcber das Leben nach dem Tod, wie das jodo<\/em> (\u6d44\u571f)<\/strong>, das reine Land des Westens, eine Art Paradies unter der Leitung von Buddha Amida.<\/p>\n\n\n\n Auch das Konzept der H\u00f6lle trat in Erscheinung, bekannt als jigoku <\/em>(\u5730\u7344).<\/strong> Diese japanische H\u00f6lle hat eine Einzigartigkeit: Wir k\u00f6nnen nicht wissen, wie viele H\u00f6llen es gibt. Es wird geglaubt, dass in jeder von ihnen eine andere Strafe steckt, die haupts\u00e4chlich mit Feuer und Eis zusammenh\u00e4ngt. Selbst in Osaka findet man im Senkoji Tempel eine Darstellung von Himmel und H\u00f6lle!<\/p>\n\n\n\n Die alten Japaner hatten ein hohes Ma\u00df an Spiritualit\u00e4t. Sie gingen davon aus, dass ihre Vorfahren diejenigen waren, die die Naturkatastrophen auf der Insel verursachten.<\/strong> Sie stellten sie sich als starke Seelen mit gro\u00dfen Kr\u00e4ften vor, die die Naturgeister beherrschten. Damit nicht genug, hatte der Tod in Japan bereits w\u00e4hrend der Jomon-Zeit <\/strong>(\u7e04\u6587\u6642\u4ee3 \u2013 14.500 v. Chr. bis 300 v. Chr.) eine gro\u00dfe Bedeutung, wie einige alte Gr\u00e4ber mit Durchf\u00fchrung bestimmter Rituale belegen.<\/p>\n\n\n\n W\u00e4hrend der pr\u00e4historischen Yayoi- und Kofun-Zeiten, gab es eine klare Entwicklung. In der Kofun-Zeit begannen die Bewohner der japanischen Inselgruppen ihr Bestattungskonzept zu \u00e4ndern.<\/a> Wir k\u00f6nnen dies daran erkennen, dass die Formen ihrer Gr\u00e4ber ver\u00e4ndert wurden<\/strong>. Heutzutage kann man ihr Verm\u00e4chtnis an verschiedenen Orten wie Osaka <\/a>sehen.<\/p>\n\n\n\n Die buddhistische Religion wurde w\u00e4hrend der Heian-Zeit <\/strong>(\u5e73\u5b89\u6642\u4ee3, 794-1185) tief in der japanischen Gesellschaft verwurzelt und f\u00fchrte neue Ideen \u00fcber den Tod und das Leben nach dem Tod ein. Von da an wurden die Bestattungsbr\u00e4uche der Oberschicht zu komplexen Ritualen<\/strong>. Sie zielten darauf ab, auf der reinsten Weise zu sterben, da sie glaubten, dass dies der einzige Weg war, ihre Ewigkeit zu erreichen.<\/p>\n\n\n\n Eines der Rituale war die Einsperrung des Sterbenden in einen Raum, der von jedem Reiz isoliert war<\/strong>. Dies garantierte keine Ablenkungen oder W\u00fcnsche, die der Person einen unreinen Gedanken geben w\u00fcrden, bevor ihre Zeit abl\u00e4uft. Die Reichsten wurden von einem zenchishiki <\/em>(\u5584\u77e5\u8b58) begleitet, einem Betreuer, der dem Sterbenden half und Sutras rezitierte, um die perfekte Konzentration zu erreichen.<\/p>\n\n\n\n Am Ende dieser Zeit gewann die Ein\u00e4scherung des Verstorbenen erheblich an Bedeutung<\/a>. Wie ich bereits erw\u00e4hnt habe, war es ein wichtiges buddhistisches Ritual, das die Seele und den K\u00f6rper des Verstorbenen Buddha n\u00e4her brachte. Diese Praxis begann in der Oberschicht und war bereits in der Kamakura-Zeit <\/strong>weit verbreitet.<\/p>\n\n\n\n W\u00e4hrend der Edo-Zeit erschienen die Samurai. Dies f\u00fchrt uns dazu, \u00fcber das Konzept von Seppuku<\/a> <\/em>(\u5207\u8179), auch bekannt als Harakiri <\/em>(\u8179\u5207\u308a), zu sprechen.<\/p>\n\n\n\n Dies war eine ehrenvolle und akzeptierte Methode unter den Samurai, um Selbstmord zu begehen<\/a><\/strong>, wenn sie bei einer Mission scheiterten oder gegen ihren Feind verloren. Die Methode bestand darin, ein Schwert durch ihren Unterleib zu f\u00fchren. <\/strong>Dieser genaue Ort wurde nicht zuf\u00e4llig ausgew\u00e4hlt, denn sie glaubten, dass sich die Seele der Menschen dort befand. Auf diese Weise konnte sich der Mensch befreien und in Frieden und ohne Reue sterben. Die Bedeutung des Todes entwickelt sich mit der Gesellschaft weiter. Heutzutage ist die Lebenserwartung in Japan eine der h\u00f6chsten der Welt. Deshalb haben die Menschen nach der Pensionierung Zeit, die verbleibenden Jahrzehnte zu genie\u00dfen und \u00fcber den Tod nachzudenken.<\/p>\n\n\n\n Wie ihr bereits gelesen haben, musste der Tod in Japan strengen Regeln folgen, und niemand kann w\u00e4hlen, wie er die letzten Tage seines Lebens verbringen m\u00f6chte. Hier k\u00f6nnen wir einige Konfrontationen zwischen dem modernen und dem alten Japan beobachten.<\/p>\n\n\n\n Zum Beispiel existiert in der japanischen Kultur immer noch die Idee, in Frieden zu sterben. Aus diesem Grund m\u00f6chten viele Menschen nicht im Krankenhaus umgeben von Maschinen sterben <\/strong>und tun dies lieber zu Hause.<\/p>\n\n\n\n Auch bei der Organspende gibt es eine gro\u00dfe Kontroverse<\/strong>. Die Religion in Japan sagt, dass jeder bis zum Moment seiner Ein\u00e4scherung ganz bleiben muss, um eine erstrebenswerte Ewigkeit zu erhalten. Diese Probleme werden versch\u00e4rft, wenn Familienmitglieder \u00fcber die Zukunft des Sterbenden entscheiden, da die Familienmitglieder in Japan die absolute Macht haben, \u00fcber ihre Mitglieder zu entscheiden.<\/p>\n\n\n\n
\u00a9 Estelle<\/figcaption><\/figure><\/li><\/figure><\/li><\/ul>
Tod in Japan: Die Bedeutung<\/h2>\n\n\n\n
Tod in Japan und die japanische Moral<\/h2>\n\n\n\n
Gimu: Die unl\u00f6sbare moralische Schuld<\/h3>\n\n\n\n
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Himmel und H\u00f6lle in der japanischen Kultur<\/h2>\n\n\n\n
Falls ihr wissen m\u00f6chten, wo sich die japanische H\u00f6lle befindet: es werden verschiedene Orte als Tore zur H\u00f6lle anerkannt. Beppu<\/strong> besitzt verschiedene Hei\u00dfwasserquellen, Noboribetsu in Hokkaido, der Berg Tate <\/strong>in Toyama oder der Berg Osore <\/strong>in Aomori. Ihr fragt euch vielleicht, warum es so viele m\u00f6gliche Kandidaten auf der Liste gibt. Denkt einmal dar\u00fcber nach: Japan wird von seinen vulkanischen Gebieten dominiert, daher ist es kein Wunder, dass die Leute glaubten, diese rauchigen Landschaften k\u00f6nnten das Tor zur H\u00f6lle sein.<\/p>\n\n\n\nTod in Japan im Laufe der Geschichte<\/h2>\n\n\n\n
Der Buddhistische Tod: Heian-Zeit<\/h2>\n\n\n\n
Der ehrenhafte Tod in Japan: Seppuku und Harakiri<\/h2>\n\n\n\n
Wie die Samurai konnten auch die japanischen Einwohner durch das Praktizieren von Seppuku <\/em>zum Tode verurteilt werden<\/strong>. Das scheint eine be\u00e4ngstigende Art zu sterben zu sein, aber zu dieser Zeit kam es einem w\u00fcrdigen Tod am n\u00e4chsten. Obwohl es ein Konzept ist, das weit von unserer Gesellschaft entfernt ist, war das richtige Sterben in Japan sehr wichtig.<\/strong> Dar\u00fcber hinaus zeigte die Tatsache, dass man Seppuku <\/em>praktizierte, enormen Mut und Selbstbeherrschung. Als man wusste, dass man sterben w\u00fcrde, war es \u201edas beste Geschenk\u201c an sich selbst, Seppuku <\/em>ausf\u00fchren zu k\u00f6nnen.<\/p>\n\n\n\n
\u00a9 Kunstgalerie von Greater Victoria<\/a><\/figcaption><\/figure><\/li>
\u00a9 Artelino<\/a><\/figcaption><\/figure><\/li><\/ul><\/figure>\n\n\n\nDie neue Perspektive des Todes<\/h2>\n\n\n\n
Ist es heutzutage in Japan m\u00f6glich, in Frieden zu sterben?<\/h3>\n\n\n\n