{"id":81061,"date":"2022-02-18T17:00:00","date_gmt":"2022-02-18T08:00:00","guid":{"rendered":"https:\/\/voyapon.com\/de\/?p=81061"},"modified":"2024-12-02T08:26:28","modified_gmt":"2024-12-01T23:26:28","slug":"nachhaltiger-tourismus-in-tokushima","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/voyapon.com\/de\/nachhaltiger-tourismus-in-tokushima\/","title":{"rendered":"Nachhaltiger Tourismus in Tokushima"},"content":{"rendered":"\n

In Zeiten des fortschreitenden Klimawandels wird nachhaltiger Tourismus<\/a> immer wichtiger. Aber nicht nur der Schutz von Klima und Umwelt, sondern auch der Erhalt traditioneller Lebensweisen spielt dabei eine Rolle. Wir stellen drei \u00dcbernachtungsm\u00f6glichkeiten in der Pr\u00e4fektur Tokushima vor, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben.<\/p>\n\n\n\n

Zero Waste Center: Kampf gegen den M\u00fcll <\/h2>\n\n\n\n

Die kleine Gemeinde Kamikatsu, etwa eine Autostunde entfernt von Tokushimas gleichnamiger Hauptstadt, hatte einst ein M\u00fcllproblem. Um diesem Herr zu werden, begann man 1997 als einer der ersten Orte in Japan mit der M\u00fclltrennung. Nur ein paar Jahre sp\u00e4ter, im Jahr 2003, verabschiedete der Stadtrat die \u201cZero Waste\u201d-Deklaration, in der man sich das Ziel setzte, in Zukunft 100 % des M\u00fclls zu recyceln. Gut 16 Jahre sp\u00e4ter konnte man dann auch tats\u00e4chlich eine beachtliche Recyclingquote von 80 % vorweisen. Nur zum Vergleich, Japan hat eine durchschnittliche Quote von etwa 20 %.<\/p>\n\n\n\n

Im Zentrum der Bem\u00fchungen steht das Zero Waste Center. Bei meinem Besuch dort wurde ich herumgef\u00fchrt von Otsuka Momona, einer jungen Frau, die begeistert von der Initiative der Stadt, nach ihrem Studium nach Kamikatsu gezogen ist, um sich hier zu engagieren. Sie erkl\u00e4rte mir das Konzept des Centers in allen Einzelheiten. Biologische Abf\u00e4lle werden von den Anwohnern zu Hause kompostiert. Alles andere bringen sie selbst zum Zero Waste Center, es gibt also keine M\u00fcllabfuhr in der Stadt. Am Center sortieren sie dann den M\u00fcll in verschiedene Container, die in 45 Kategorien unterteilt sind. Sachen, die man noch gebrauchen kann, kommen in den Secondhandshop des Zero Waste Centers, wo sie allerdings nicht verkauft werden, sondern von jedem Besucher kostenlos mitgenommen werden k\u00f6nnen. Mir fiel auf, dass es \u00fcberhaupt nicht stank. Das liegt daran, dass die Menschen von Kamikatsu ihren M\u00fcll gr\u00fcndlich s\u00e4ubern, bevor sie ihn hierher bringen.<\/p>\n\n\n\n

\"Zero
Otsuka Momona erkl\u00e4rte mir, wie das Zero Waste Center funktioniert.<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n\n

Das Center besteht aus einem lang gezogenen Geb\u00e4ude, das mit Holz von lokalen Zedern und gebrauchten Fenstern und T\u00fcren aus dem Ort gebaut wurde. An einem Ende zeichnet es einen Bogen um 180 Grad, sodass es die Form eines Fragezeichens annimmt. Die eigentliche Idee dahinter war es, das Ausladen mit dem Auto zu vereinfachen, aber die Fragezeichen-Form wurde zur Inspiration f\u00fcr das Leitbild des Centers, n\u00e4mlich sich beim Umgang mit Konsumg\u00fctern st\u00e4ndig zu fragen: \u201cWarum?\u201d. Warum kaufe ich es? Warum produziere ich es? Warum werfe ich es weg? Ziel ist es, ein neues Bewusstsein im Umgang mit unseren Ressourcen zu erlangen.<\/p>\n\n\n\n

\"Au\u00dfenansicht
Man kann gut die gebrauchten Fenster und T\u00fcren erkennen, die f\u00fcr den Bau verwendet wurden.<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n\n

Den Punkt des Fragezeichens bildet ein rundes Geb\u00e4ude am anderen Ende des Centers, das Hotel Why. Hier k\u00f6nnen G\u00e4ste, die mehr \u00fcber das Zero Waste Center lernen oder einfach ein bisschen das japanische Kleinstadtleben erfahren m\u00f6chten, mit bis zu vier Personen in einem der vier R\u00e4ume des Hotels \u00fcbernachten. <\/p>\n\n\n\n

\"Hotel
Das Hotel des Zero Waste Centers.<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n\n
Zero Waste Center<\/strong><\/td><\/tr>
Webseite<\/strong>: www.why-kamikatsu.jp\/en\/<\/a> (Englisch)<\/td><\/tr>
Adresse<\/strong>: 7-2, Aza Shimohiura, Oaza Fukuhara, Kamikatsu-cho, Katsura-gun, Tokushima, 771-4501 Japan<\/td><\/tr><\/tbody><\/table><\/figure>\n\n\n\n

Earthship Mima: Nachhaltig wohnen<\/h2>\n\n\n\n

Das Earthship Projekt wurde von dem Amerikaner Michael Reynolds ins Leben gerufen. Nach dem Ende seines Architekturstudiums im Jahr 1969 suchte dieser nach einem nachhaltigen Konzept f\u00fcr den H\u00e4userbau. \u00dcber die Jahrzehnte entwickelte er die Bauweise seiner Geb\u00e4ude immer weiter. Seit der Jahrtausendwende finden sich immer mehr davon auch au\u00dferhalb der USA. Eins davon steht seit ein paar Jahren in den Bergen von Tokushima. Ich fuhr dorthin, um mir das Geb\u00e4ude aus n\u00e4chster N\u00e4he anzusehen und traf Kurashina Tomoko, die den Bau initiiert hatte und nun im ersten Earthship Japans wohnt. Sie erz\u00e4hlte mir, dass sie schon immer von einem Leben in den Bergen getr\u00e4umt hatte. Als dann der Zeitpunkt in ihrem Leben kam, an dem sie nichts mehr davon abhielt, diesen Traum zu verwirklichen, fasste sie den Entschluss, Michael Reynolds zu kontaktieren, von dessen Projekt sie vorher geh\u00f6rt hatte. Der Bau des Earthship Mima dauerte dann tats\u00e4chlich nur vier Wochen. Menschen aus aller Welt kamen, um bei dem Bau zu helfen und gleichzeitig zu lernen, wie man sein eigenes Earthship bauen kann.<\/p>\n\n\n\n

\"Earthship
Die Lehmw\u00e4nde sch\u00fctzen gleicherma\u00dfen vor Hitze und K\u00e4lte.<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n\n

F\u00fcr den Strom sorgen Solarzellen auf dem Dach, die an zehn Truck-Batterien angeschlossen sind. Bei schlechtem Wetter kann aber auch mal der Strom ausgehen. Zum Gl\u00fcck wohnt Kurashina-san nicht ganz isoliert, sondern hat Nachbarn, die sie an dunklen Tagen auch schon mal zum Essen einladen.<\/p>\n\n\n\n

Regenwasser wird in sechs gro\u00dfen Tonnen gespeichert, sodass immer genug vorhanden ist. Durch das ausgekl\u00fcgelte Wassersystem des Earthship Mima<\/strong> h\u00e4lt sich der Verbrauch ohnehin in Grenzen. Das Wasser wird zun\u00e4chst f\u00fcr das Bad und die K\u00fcche genutzt. Danach dient es der Bew\u00e4sserung der Pflanzen im Wintergarten. Von dort flie\u00dft das Wasser in den Toilettenkasten und anschlie\u00dfend in einen septischen Tank.<\/p>\n\n\n\n

\"Innenansicht
Im Inneren werden essbare Pflanzen angebaut.<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n\n

Eine Klimaanlage, die man in fast jedem japanischen Haushalt finden kann, ist nicht notwendig. Die Lehmw\u00e4nde sorgen f\u00fcr eine gute Isolation, sodass es im Sommer sch\u00f6n k\u00fchl, aber im Winter gesch\u00fctzt vor der K\u00e4lte ist. Au\u00dferdem gibt es ein nat\u00fcrliches Bel\u00fcftungssystem, das bei Bedarf an hei\u00dfen Tagen eine zus\u00e4tzliche K\u00fchlung erm\u00f6glicht.<\/p>\n\n\n\n

Wer sich f\u00fcr dieses spannende Konzept interessiert oder ein bisschen Zeit in den abgeschiedenen Bergen von Tokushima verbringen will, der kann auch im Earthship Mima \u00fcbernachten. Eines der beiden Schlafzimmer steht f\u00fcr bis zu vier G\u00e4ste zur Verf\u00fcgung. Wer das gesamte Haus mit den zwei Schlafzimmern f\u00fcr sich haben m\u00f6chte, kann das ebenfalls mit Kurashina-san arrangieren.<\/p>\n\n\n\n

Earthship Mima<\/strong><\/td><\/tr>
Webseite<\/strong>: www.earthshipmima.com\/<\/a> (Japanisch)<\/td><\/tr>
Adresse<\/strong>: 22-2 Mimacho, Mima, Tokushima 771-2102 Japan<\/td><\/tr><\/tbody><\/table><\/figure>\n\n\n\n

Koya: \u00dcbernachtung in einem alten Bauernhaus<\/h2>\n\n\n\n

Das urspr\u00fcngliche Leben in einem japanischen Bergdorf erlebt man bei einer \u00dcbernachtung im Kominka Yado Koya. Das alte Bauernhaus wurde vor etwa 120 Jahren erbaut und zum Kulturschatz ernannt. Im Inneren kann man die Holzkonstruktion des hoch gebauten Reetdaches bestaunen, welche vom Rauch der Feuerstelle mittlerweile pechschwarz geworden ist. Das Ganze hat jedoch einen praktischen Zweck, da hierdurch das Holz haltbar gemacht und vor Sch\u00e4dlingen gesch\u00fctzt wird.<\/p>\n\n\n\n

Bewirtet werden die G\u00e4ste von Nakayama-san, der sich mit seiner Frau und seiner Schwiegermutter liebevoll um das Haus k\u00fcmmert. Ich wurde in das Zimmer mit der Feuerstelle gebeten, auf der das Abendessen vorbereitet wurde. Es gab allerlei lokale Spezialit\u00e4ten, allen voran Hirarayaki (\u3072\u3089\u3089\u713c\u304d), mit dem sich die Menschen im Dorf fr\u00fcher f\u00fcr einen Tag harter Arbeit belohnten. Ein flacher Stein oder eine Metallplatte wird \u00fcber dem Feuer erhitzt, w\u00e4hrend eine gro\u00dfz\u00fcgige Portion Miso-Paste auf ihr verteilt wird. Als N\u00e4chstes wird Sake, Zucker und Wasser in die Mitte gegeben, um die Miso-Paste zu verd\u00fcnnen, um dann frische S\u00fc\u00dfwasserfische zusammen mit Tofu, Kartoffeln und Konjac darin zu kochen.<\/p>\n\n\n\n

\"Lokale
Lokale Lebensmittel spielen eine gro\u00dfe Rolle beim Abendessen an der Feuerstelle.<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n\n

Man kann im Koya aber nicht nur \u00fcbernachten. Herr Nakayama zeigt seinen G\u00e4sten auch, wie die Menschen in den Bergen Gem\u00fcse anpflanzen oder wie man Soba-Nudeln selber macht. Man sollte also mindestens zwei N\u00e4chte einplanen, damit man auch genug Zeit daf\u00fcr hat. Wenn man danach fragt, erkl\u00e4rt er sich auch gerne dazu bereit, einem die Gegend zu zeigen. <\/p>\n\n\n\n

\"Die
Herr Nakayama und seine Schwiegermutter sind fantastische Gastgeber.<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n\n
Kominka Yado Koya<\/strong><\/td><\/tr>
Webseite:<\/strong> www.kouya18508.wixsite.com\/kominkayado (Japanisch)<\/td><\/tr>
Adresse: <\/strong>311 Higashi Iya Kubo, Miyoshi, Tokushima 778-0202 Japan<\/td><\/tr><\/tbody><\/table><\/figure>\n\n\n\n

Anfahrt<\/h2>\n\n\n\n

Von Tokio, Kyoto, Osaka oder Hiroshima aus kann man mit dem Tokaido Shinkansen bis zum Bahnhof Okayama fahren. Von Okayama nimmt man den Limited Express nach Takamatsu und dort einen weiteren Zug zum Bahnhof Tokushima. Von Osaka aus kann man auch mit dem Highway Bus fahren, was etwa 3 Stunden dauert. Au\u00dferdem ist Tokushima von Wakayama aus in etwa 2 Stunden mit der F\u00e4hre zu erreichen.<\/p>\n\n\n\n