Die Präfektur Iwate in der Tohoku-Region, dem Norden Japans, gehört zu den weniger besuchten Regionen von ausländischen, aber auch japanischen Touristen. Selbst meine japanischen Kollegen haben verwundert reagiert, als ich ihnen sagte, dass wir unsere diesjährige Sommerreise nach Iwate machen würden. Doch die Präfektur hat viel zu bieten und ich habe mir am Ende gewünscht, dass ich mehr Zeit gehabt hätte. Als Basislager haben wir uns ein Hotel in der Stadt Morioka genommen – und diese möchte ich euch hier genauer vorstellen.
Wissenswertes zur Stadt Morioka
Morioka befindet sich im Norden der japanischen Hauptinsel und ist die Hauptstadt der Präfektur Iwate. Die Stadt ist an drei Seiten von Gebirgen umgeben, wobei das Wahrzeichen der Berg Iwate ist, der sich mit seinen über 2.000 Metern Höhe hinter der Stadt erhebt. Er wird auch als „Berg Fuji von Morioka“ bezeichnet – und ist genau so schüchtern und versteckt sich gern hinter Wolken, wie sein großer Verwandter.
Klimatisch befinden wir uns im Norden Japans, wo es kühler ist, als auf der Goldenen Route entlang Tokio-Osaka-Hiroshima. Während es in Tokio im September noch sehr warm war, hatten wir in Morioka angenehme Temperaturen. Und ich habe das erste Mal seit Beginn des Sommers gedacht, es wäre nett noch eine dünne Jacke dabei zu haben, als wir abends nach Sonnenuntergang unterwegs waren.
Sightseeing Spots in Morioka
Wir haben insgesamt zwei Tage mit dem Erkunden der Stadt verbracht und an zwei weiteren Tagesausflüge gemacht, wodurch wir einige der Highlights besuchen konnten.
Burgruine, Park und Museum
Eine der Hauptattraktionen von Morioka ist der Morioka Burgruinen Park (盛岡城跡公園), wo sich früher die Burg Morioka befand. Der Bau wurde 1633 fertiggestellt und war Sitz des Nanbu-Clans, der die Region damals regierte. Die Burg und die dazugehörigen Gebäude wurde allerdings 1874 abgerissen, heutzutage sind nur noch die Mauern der ehemaligen Verteidigungskreise erhalten.
Der Park ist ein beliebtes Erholungsgebiet für Einheimische mit viel Grün und Sitzgelegenheiten zum Entspannen und Genießen der Ruhe. Zwischen Mitte bis Ende April haben die Kirschblüten im Park ihren Höhepunkt und tauchen die Gegend in ein Meer von pinken und weißen Blüten.
Am Eingang des Parkes befindet sich das Morioka Geschichts- und Kulturmuseum (もりおか歴史文化館), in dem ihr mehr über die Geschichte der Stadt lernen könnt. Man kann sogar selbst aktiv werden und unter anderem versuchen eine Burgmauer wieder zusammen zu bauen. In der ersten Etage gibt es einen Bereich zu den Festen der Stadt sowie eine Verkaufsfläche mit regionalen Produkten und Souvenirs. Hier könnt ihr auch den Stempel der Burg Morioka erhalten, wenn ihr diese sammelt.
Das Iwate-Bank-Gebäude
Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt, und ganz in der Nähe des Burgparks gelegen, ist das Gebäude der Iwate Bank (岩手銀行赤レンガ館). Vielleicht erinnert euch das Design etwas an die Westseite des Tokio Hauptbahnhofes? Das kommt daher, dass beide Gebäude von Tatsuno Kingo, einem der ersten modernen Architekten Japans, entworfen wurden. Das Backsteingebäude in Morioka wurde 1911 erbaut und diente lange Zeit als Sitz der Morioka Bank und später der Bank of Iwate. Seit 2016 ist das Gebäude Touristen als Museum zugänglich.
Morioka-Hachimangu-Schrein
Der Morioka-Hachimangu-Schrein (盛岡八幡宮) blickt auf eine lange Geschichte zurück. Er wurde 1680 vom damaligen Herrscher Shigenobu Nanbu erbaut und ist heute der größte Schrein der Präfektur Iwate. Auf seinem Gelände werden zwölf verschiedene Gottheiten verehrt, weshalb er auch als Power Spot beliebt ist. Durch Feuer, Wind und Schnee haben die Schreingebäude gelitten und wurden oftmals erneuert. Der leuchtend rote Taisha-Schrein mit seinen prächtigen Schnitzereien wurde zuletzt 1997 erneuert. Um zu diesen zu gelangen, muss man eine lange Treppe hinauf. Von dort hat man dann eine tolle Aussicht auf das große Torii-Tor und die Stadt Morioka im Hintergrund.
Tempel-Viertel
Das Tempel-Viertel von Morioka liegt ein wenig abseits vom Zentrum und wir haben es mit dem Fahrrad erkundet. Unser erster Stopp war der Hoonji-Tempel (報恩寺), der 1394 errichtet und 1601 an seinen heutigen Standort verlegt wurde. Er ist berühmt für seine 500 Rakan, Statuen buddhistischer Jünger, die 1731 bis 1734 von neun Handwerkern aus Kyoto geschnitzt wurden. Heute sind noch 499 davon erhalten und befinden sich in einer großen Halle, die an das Hauptgebäude des Tempels angeschlossen ist. Die Statuen zeigen realistische Ausdrücke, die sie lebensecht machen und es ist wirklich sehr interessant sich diese genauer anzuschauen.
Ein weiterer interessanter Ort in diesem Viertel ist der Mitsuishi-Schrein (三ツ石神社), der zwar klein ist, aber eine interessante Legende besitzt. So gab es vor langer Zeit hier einen Dämon, der sein Unwesen getrieben hat. Die Einwohner baten den Gott Mitsuishi ihnen zu helfen und dieser fesselte den Dämon zwischen den drei Steinen auf dem Gelände. Der Dämon versprach, dies nie wieder zu tun, und der Gott ließ ihn als Vereinbarung seinen Handabdruck auf dem Felsen verewigen. Dieser Abdruck wird als Oni-no-Tegata (鬼の手形) bezeichnet.
Nanshoso
Eines meiner Highlights unserer Reise nach Morioka war der Besuch des Nanshoso (南昌荘), die Residenz des lokalen Geschäftsmanns Yasugoro Segawa, der diese um 1885 erbauen ließ. Die traditionelle japanische Architektur lässt einen in der Zeit zurückreisen und der Anblick des Gartens lädt zum Verweilen ein. Besonders im Herbst, wenn der japanische Ahorn sich rot färbt, ist es hier wunderschön. Der Garten wurde sogar zum eingetragenen Denkmal Japans ernannt.
Im Gebäude befinden sich zahlreiche Sitzmöglichkeiten, auf denen man sich mit einem frisch zubereiteten Matcha und traditionellen Süßigkeiten in der historischen Umgebung ausruhen kann.
Kulinarisches Abenteuer: Die drei Nudelarten der Stadt
In Japan hat fast jede Region oder sogar Stadt besondere regionale Speisen. Morioka ist für Sandaimen (三大麺), die sogenannten „drei großen Nudeln“, bekannt und diese konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
Als erstes haben wir Morioka Reimen (盛岡冷麺) probiert, welche in den 1950er Jahren in der Stadt entstanden sind und von einem koreanischen Gericht abstammen. Das kalte Gericht besteht aus Nudeln, hergestellt aus Weizenmehl und Kartoffelstärke, sowie einer kräftigen Brühe aus Rinderknochen. Durch die Zugabe von Kimchi erhält sie einen besonderen Geschmack, worauf ich allerdings verzichtet habe, da ich nicht scharf essen kann. Zudem kommt als Topping noch ein saisonales Obst dazu – im Sommer z.B. Wassermelone. Während unseres Besuchen war es eine Nashi-Birne.
Ein weiteres Gericht ist Morioka Jajamen (盛岡じゃじゃ麺), ein chinesisches Gericht, welches 1945 seinen Weg in die Stadt fand und zu dem wurde, was es heute ist. Hierbei handelt es sich um flache Udon-Nudeln, welche reichlich mit einer Fleisch-Miso-Paste, Gurke und Frühlingszwiebeln belegt und vor dem Verzehr gut vermischt werden. Nach Belieben kann man noch Essig, Chiliöl und Knoblauch hinzugeben.
Am Berühmtesten für die Region sind allerdings Wanko Soba (わんこそば), welche ein besonders Erlebnis darstellen. Denn hier werden Buchweizennudeln in kleinen Portionen immer wieder nach gefüllt, bis der Gast nicht mehr kann und aufgibt. Das Nachfüllen geht dabei sehr schnell und ist vor allem unterhaltsam. In manchen Restaurants erhält man am Ende auch eine Urkunde mit der Anzahl an Schälchen, die man geschafft hat.
Festivalzeit: Herbstfest im September
Wir hatten das Glück, dass während unserer Reise gerade das Morioka Herbstfestival (盛岡秋まつり, Morioka Akimatsuri) stattfand und wir einen Eindruck davon erhalten konnten. Es findet jährlich vom 13. bis 16. September statt und bietet Paraden mit großen geschmückten Festwagen sowie Yabusame, das Bogenschießen zu Pferde.
Es heißt, dass die Parade mit den Dashi genannten Festwagen 1709 begann. Die Dashi werden von den Einwohnern der verschiedenen Bezirke der Stadt gestaltet und zeigen Heldenfiguren oder Kabuki-Szenen, verziert mit zahlreichen Kunstblumen. Die vielen Details sind einfach beeindruckend.
Wir konnten uns ein paar der Wagen vor der Parade, die am 15. September um 18:00 Uhr beim Burgpark beginnt, vom Nahen anschauen. Diese werden dann später von etwa 200 Personen pro Wagen entlang der Straße gezogen – zusammen mit Taiko-Trommeln und Gesang. Ein wirklich eindrucksvolles Erlebnis nach Einbruch der Dunkelheit.
Wie kommt man von A nach B?
Die Stadt Morioka selbst ist von Tokio aus sehr leicht erreichbar: Man setzt sich in den JR Tohoku Shinkansen und ist in etwa 2,5 Stunden in Morioka. Die Fahrt kostet ca. 15.000 Yen und wird auch vom Japan Rail Pass sowie dem JR East Tohoku Pass abgedeckt.
In Morioka selbst könnt ihr die städtischen Busse nutzen. Unter anderem gibt es den Dendenmushi Loop Bus, der mit niedlichem Käferdesign die Innenstadt in beide Richtungen umkreist. Oder ihr leiht euch ein Fahrrad und erkundigt die Gegend so. Das haben wir an unserem letzten Tag gemacht und es hat sehr viel Spaß gemacht, durch die Stadt zu radeln.
Wir hatten eine tolle Zeit in Morioka und ich hätte tatsächlich noch gern ein paar Tage mehr in der Präfektur Iwate verweilt, da es noch zahlreiche Ausflugsziele gibt. Wenn ihr auf der Suche nach nicht zu überlaufenen Orten in Japan seid: kommt nach Morioka und genießt die Atmosphäre dieser Stadt im Norden.