Gelegen im Zentrum der Präfektur Niigata befindet sich die kleine Stadt Ojiya. Eine, wie es dem ersten Anschein nach macht, recht unscheinbare Stadt, die jedoch als der Geburtsort eines weltweiten Stars gilt: dem japanischen Koi, auch Nishikigoi genannt.
Und um genau diesen soll es heute gehen. Denn bei meinem letzten Besuch in Ojiya sind wir der Geschichte der Nishikigoi einmal genauer auf die Spur gegangen.
Die Geburtsstunde des japanischen Koi-Karpfens
Auch wenn heute nicht mehr eindeutig geklärt werden kann, woher der Koi stammt und wie genau er nach Japan kam, so wird angenommen, dass der heutige Zierfisch vor rund 2000 Jahren aus dem Iran nach Ostasien gebracht wurde. Zum damaligen Zeitpunkt jedoch in seiner ursprünglich dunklen Farbe, wurde der Koi hauptsächlich als Speisefisch gezüchtet.
Dass aus dem Speisefisch ein Zierfisch wurde, ist einem glücklichen Zufall und einer Mutation zu verdanken: Vor etwa 200 Jahren entdeckte ein Bauer zwischen den dunklen Karpfen ein paar wenige farbenfrohe Exemplare. Daraufhin widmeten sich die Einwohner Ojiyas der Erforschung und Veredelung des unscheinbaren Fisches, der zu einem farbenfrohen Aushängeschild Japans werden sollte. Unter dem Namen „Nishikigoi“, was übersetzt „bunter Karpfen“ bedeutet und auch „schwimmendes Juwel“ genannt wird, wurde der Zierfisch 2017 als offizielle Zuchtform der Präfektur Niigata anerkannt.
Nishikigoi no Sato: Der japanische Koi in seiner Heimat
Wer Ojiya besucht und mehr über die Entstehungsgeschichte des Kois erfahren möchte, der sollte unbedingt das „Nishikigoi no Sato“ besuchen. Die Ausstellung widmet sich der Geschichte und Zucht des Zierfisches in der Stadt Ojiya. Neben informativen Erklärungen über die verschiedenen Farbschläge und die Zuchtbedingungen des Fisches, können Besucher die Tiere im „Nishikigoi no Sato“ auch Live und in Farbe bestaunen.
Wir besuchten die Ausstellung an einem heißen Sommertag mitten im August. Das Gebäude wirkt von außen zwar nicht groß, hält im Inneren jedoch einige Überraschungen bereit. Zuerst fanden wir uns in einem Raum mit zahlreichen Erklärungen zu den verschiedenen Farbschlägen des japanischen Kois wieder. Neben der Geschichte des Kois in Ojiya, können Besucher hier mehr zu der Zucht, den Zuchtbedingungen und den jährlichen Ausstellungen des Nishikigois in Ojiya erfahren.
In mehreren Aquarien können kleine Exemplare des Zierfisches bewundert werden, während an den Wänden Fotos von Nishikigois hängen, die Botschaften verschiedener Länder in Japan überreicht wurden. Der von Aquarien und Bildern gesäumte Gang führt in einen runden, halb verglasten Raum, in dessen Mitte sich ein riesiger Innenteich befindet, in dem sich über 100 der in Ojiya gezüchteten Kois befinden. Hier könnt ihr gleich das vorher gelernte anwenden und nach den verschiedenen Farbschlägen in unterschiedlichen Größen Ausschau halten. Für wenige Yen erhaltet ihr am Eingang der Ausstellung extra Futter, mit dem die Nishikigoi gefüttert werden können. Ein wahres Farbspektakel, wenn sich Hunderte dieser bunten Fische vor eurer Nase tummeln, um ein Kügelchen des Futters abzukommen.
Nishikigoi no Sato
aquarium- 1 Chome-8-22 Jonai, Ojiya, Niigata 947-0028, Japan
- ★★★★☆
Entdeckt den japanischen Garten
Doch nicht nur die Kois sind ein Highlight des „Nishikigoi no Sato“, sondern auch der angrenzende japanische Garten auf einer Fläche von 1.943 Quadratmetern. Vier Teiche, über die mehrere Brücken führen und zwei Wasserfälle sind die Blickfänge des Geländes, das im Wechsel der Jahreszeiten seinen Anblick ändert, und wo Besucher neben den Azaleen und tiefroten Ahornbäumen auch schneebedeckte Pinien im Winter bewundern können.
Während der Sommermonate bewohnen die Nishikigoi ebenfalls die Außenteiche, die mehrere Stellen haben, an denen die Besucher den Zierfischen nahekommen können. Für mich persönlich war das Bewundern der Fische in der Außenanlage der mitunter schönste Moment unseres Besuchs im „Nishikigoi no Sato“.
Weitere Highlights in und um Ojiya
Doch das „Nishikigoi no Sato“ ist natürlich nicht die einzige Attraktion, die euch in und um Ojiya herum erwartet. Neben dem Nagaoka-Hanabi, das zu den drei größten Feuerwerken Japans zählt, in der gleichnamigen Stadt Nagaoka oder einer Fahrt entlang der Seaside Line, die an der Westküste Niigatas verläuft, erwarten euch noch weitere Attraktionen in der Präfektur.
Traditionelles Handwerk im Sunplaza Ojiya
Direkt gegenüber des „Nishikigoi no Sato“ befindet sich das Sunplaza Ojiya, in dem sich neben Souvenirshops und Restaurants auch eine Ausstellung und Geschäft zum lokalen Handwerk der Stadt finden. Vor allem die Weberei spielt neben der Koi-Zucht eine bedeutende Rolle in Ojiya. Es heißt, dass diese vor über 1000 Jahren in der Region entstand und dabei Stoffe im “Oumi”-Verfahren hergestellt wurden, die anschließend “Echigo”-Stoffe genannt wurden und als Kleidung für Bauern in der schneereichen Region dienten.
Während der Edo-Zeit kam es zu einer Veredelung der Stoffe, in dem die Fäden vor dem Weben fest verdreht wurden, um anschließend veredelt zu werden. Dieses für Ojiya typische Verfahren erhielt den Namen “Shibotori” und wurde für die Herstellung bequemer Sommerkleidung genutzt.
Im Sunplaza erhaltet ihr nicht nur die Möglichkeit Produkte, hergestellt mittels dieses Verfahrens, zu erwerben, sondern könnt euch in einem Workshop ebenfalls an der einzigartigen Technik versuchen.
Sunplaza Ojiya
bank- 1 Chome-8-25 Jonai, Ojiya, Niigata 947-0028, Japan
- ★★★☆☆
Kiyotsu-Gorge-Tunnel: Der Tunnel des Lichts
Wenn ihr bereits in Niigata seid, dann solltet ihr auch einen Abstecher zum Kiyotsu-Gorge-Tunnel machen, der euch den Ausblick auf eine der drei größten Schluchten Japans gewährt. Die Kiyotsu-Schlucht befindet sich in der Stadt Tokamachi und ist mit dem Auto in rund 40 Minuten von Ojiya aus zu erreichen. Entstanden vor über 15 Millionen Jahren nach einem Unterwasser-Vulkanausbruch, können Besucher von April bis November die Schlucht dank dem Kiyotsu-Gorge-Tunnel, der auch unter dem Namen „Tunnel des Lichts“ bekannt ist, besichtigen. Dieser rund 750 Meter lange Tunnel führt euch zu einem Panoramaausblick der dank des Wasserspiegels zu einem magischen Erlebnis wird.
Kiyotsu Gorge Tunnel
point of interest- Tokamachi, Niigata 949-8432, Japan
- ★★★★☆
Erfrischen im Uono-Fluss
Solltet ihr Ojiya bzw. die Präfektur Niigata während der Sommermonate besuchen, dann empfehle ich euch unter anderem noch einen Besuch am Uono-Fluss in Yuzawa. Hier erwartet euch der perfekte Abschluss eines heißen Sommertages, den ihr in Ojiya begonnen habt und nun am Masu-Domari-Wasserloch ausklingen lasst. Mehrere der Wasserbecken, die sich an verschiedenen Stellen des Flusses befinden, werden von den lokalen Anwohnern und Besuchern als Badestellen genutzt und sind eine willkommene Abwechslung zum schwül-warmen Sommerwetter.
Uono-Fluss
natural feature- Uono River, Niigata, Japan
- ★★★☆☆
Anfahrt nach Ojiya
Rund zweieinhalb Stunden ist Ojiya von Tokio entfernt. Am einfachsten gelangt ihr zur Heimatstadt der Kois, indem ihr den Joetsu-Shinkansen von Tokio bis zur Station Echigo-Yuzawa nehmt, wo es unter anderem auch zum Uono-Fluss geht. Hier steigt ihr dann in die lokale Joetsu-Linie in Richtung Nagaoka um, die euch direkt zum JR-Bahnhof Ojiya bringt.
Ein Besuch von Ojiya und dem „Nishikigoi no Sato“ ist erst der Anfang eines erlebnisreichen Trips durch die Präfektur Niigata. Neben tierischen Bekanntschaften mit den farbenfrohen Zierfischen, erwartet euch in dieser unterschätzen Präfektur eine atemberaubende Naturkulisse, die zu jeder Jahreszeit verschiedene Highlights bietet. Und auch wenn Niigata den Ruf als Winterdomizil hat, so liebe ich es doch, die Präfektur in den Sommermonaten zu erkunden.