Das Tragen eines japanischen Kimonos ist eine Erfahrung, die viele Besucher Japans gerne genießen. Gegen eine geringe Gebühr können Frauen (und Männer) professionell in einen Kimono gekleidet werden, um dann durch malerische Viertel zu schlendern und Erinnerungsfotos zu machen. Doch wenn Besucher herausfinden, wie günstig es sein kann einen gebrauchten Kimono und Accessoires zu erwerben, dann entscheiden sie sich möglicherweise auch dazu, einen als Souvenir zu kaufen und mit nach Hause zu nehmen.
Und wenn ihr eine Frau seid, die einen schönen Kimono und Obi aus Japan mit nach Hause gebracht hat, dann müsst ihr wahrscheinlich lernen, wie ihr diesen anzieht. Wir haben die Kimono-Expertin Sheila Cliffe um Rat gefragt, wie man sich in einen Kimono kleidet, wie man einen einfachen Obi bindet und wie man den formelleren und komplizierteren Nagoya-Obi bindet. In diesem Artikel führt Sheila uns Schritt für Schritt durch den Prozess des Bindens, und wir haben auch ein Video für euch gemacht, welches ihr euch ansehen könnt, falls ihr weitere Hilfe benötigt.
Benötigtes Zubehör für den Nagoya-Obi
Es gibt bestimmtes Zubehör, welches ihr benötigen werdet, um einen Nagoya-Obi richtig binden zu können. Hoffentlich hat das Geschäft, in dem ihr euren Obi gekauft habt, dieses Zubehör und hat euch dieses erklärt und ebenfalls verkauft. Wenn nicht, könnt ihr es eventuell in Online Kimono Shops finden oder ihr kauft es bei eurem nächsten Besuch in Japan.
Nagoya-Obi名古屋帯
Um einen Nagoya-Obi zu binden, benötigt ihr zu allererst natürlich den Nagoya-Obi. Diese Obi sind für den alltäglichen Gebrauch üblich. Sie liegen zwischen einem lässigen Obi mit halber Breite und einem formalen Obi, der über vier Meter lang ist. Sie sind normalerweise etwa 3,6 Meter lang und werden oft an einem Ende vorgefaltet und zusammengenäht. Eine Art Annehmlichkeit für Frauen, die diese Art von Obi alltäglich trugen. Das schmale Ende des Obi wickelt sich um die Taille, während das breitere Ende zur Herstellung des Bogens verwendet wird.
Der Nagoya-Obi kann ein Gesamtmuster oder Otaikogara 大太鼓柄 – ein dekoratives Design oder eine Stickerei, die auf den Taiko zentriert sein muss, besitzen. Dies kann das Binden etwas erschweren. Sheila zeigt euch, wie ihr einen Nagoya-Obi mit Otaikogara bindet, aber wenn euer Obi ein Gesamtmuster besitzt, wird das Verfahren etwas einfacher.
Obi-ita 帯板
Das Obi-ita ist ein steifes, flaches Brett, das zwischen den Obi-Schichten über den Bauch gelegt wird, um der Vorderseite des Obi ein flaches, faltenfreies Aussehen zu verleihen. Wenn ihr keines zur Hand habt, dann könnt ihr auch ein dünnes Stück flexiblen Kunststoffs oder Karton in Form des Obi-ita schneiden.
Obi-makura 帯枕
Das Obi-makura ist ein kleines Kissen, das von einer Schärpe gehalten wird, die über dem Obi gebunden ist. Das Kissen befindet sich in der „Trommel“ des Bogens und hilft ihm, seine Form beizubehalten.
Obiage 帯揚げ
Das Obiage ist ein dekoratives Stück Stoff, normalerweise aus Seide, das über das Obi-makura gebunden wird, um es zu verstecken. Es ist ein dekoratives Accessoire, aber dennoch unverzichtbar für das Gesamtbild.
Obijime 帯締め
Das Obijime ist eine dekorative Seidenkordel, die als Finish über den gesamten Obi gebunden wird. Sie hilft, die Form des Obi zu halten, ist aber auch ein wichtiges Accessoire, da es verhindert, dass der Obi herunterfällt.
Koshi-himo (2x) 腰ひも(2本)
Koshi-himo sind lange Materialstreifen, die dazu verwendet werden, um den Obi vorübergehend in Position zu halten, bis der Bogen gefestigt ist. Jeder lange Stoffstreifen kann hierfür verwendet werden, da sie während des Bindens entfernt werden.
Nachdem wir nun eine Liste des benötigten Zubehörs für euch erstellt haben, zeigt euch Sheila, wie ihr einen Nagoya-Obi bindet. Mir ist klar, dass das Binden dieses Obi etwas verwirrend ist, wenn man es nur in Worten und Fotos erklärt. Deshalb haben wir ein Video gedreht, in dem Sheila den Nagoya-Obi bindet, welches ihr am Ende des Artikels sehen könnt, um einige der schwierigeren Schritte zu visualisieren.
1. Schritt: Legt den Obi um euren Körper
Wir gehen nun davon aus, dass ihr den Kimono bereits angezogen habt. Falls ihr eine Anleitung zum Anziehen des Kimonos benötigt, haben wir mit Sheila bereits eine Anleitung, mit dem nötigen Zubehör zum richtigen Anziehen des Kimonos, zusammengefasst.
Nehmt im Stehen das dünne Ende des Nagoya-Obi mit der Naht nach oben und macht eine 10-15 cm Falte am Ende. Haltet den Obi mit dem gefalteten Ende an euren Körper und dreht euch in einer vollen Umdrehung im Uhrzeigersinn, während ihr den Obi direkt unterhalb der Brustlinie um eure Mitte wickelt. Zeiht den Obi so fest wie möglich um euch herum.
Haltet den Obi und macht eine weitere Umdrehung im Uhrzeigersinn. Wenn euer Obi ein Stickmuster besitzt, stellt sicher, dass es irgendwo in der Mitte landet, auch wenn es nicht haargenau an dieser Stelle sein muss. Nehmt nun den Obi-ita und schiebt es zwischen die erste und zweite Schicht des Obi. Es sollte vollständig unter der zweiten Schicht des Obi versteckt sein. Greift erneut nach dem Ende des Obi, das am nächsten an eurem Körper liegt und nehmt ein Stück der zweiten Schicht des Obi. Zieht daran, sodass der Obi fest um euren Körper gewickelt ist.
2. Schritt: Bindet den Nagoya-Obi vorübergehend fest
Macht nun eine weitere halbe Umdrehung, bis der Obi auf der Mitte eures Rückens liegt. Haltet den Obi an Ort und Stelle, indem ihr eure linke Hand oben auf den Obi legt und die rechte Hand unten. Macht nun eine Falte in den Obi, indem ihr eure rechte Hand nach oben, unter den Obi, schiebt (siehe Foto). Sobald eure rechte Hand sowohl die Ober- als auch die Unterkante des Obi greifen kann, ist eure linke Hand frei, um eine saubere Falte im Obi zu erzeugen.
So sollte die Falte aussehen, wenn sie richtig gemacht wurde.
Fasst nun den Obi mit der linken Hand von unten hinter eurem Rücken, damit ihr die rechte Hand für einen Moment frei habt und haltet den Obi dann wieder mit der rechten Hand von unten an Ort und Stelle. Zieht mit der linken Hand, die jetzt frei ist, die Länge des Obi, die oben in der Vorderseite eures Obi steckte, zur linken Seite und befreit sie so. Wenn ihr die Länge aufgrund des Winkels eures Arms nicht weiter nach oben ziehen könnt, dann lasst den Obi vorübergehend los und greift nach hinten an euren Rücken, wobei ihr die Länge des Obi nach oben und bis zur Mitte eures Rückens zieht.
Der Obi wird sich natürlich drehen, aber haltet ihn so, dass er genauso ausgerichtet ist wie beim Herausziehen, mit der Naht nach oben und die Falte unten (dieser Schritt klingt verwirrend, aber er wird verständlich, wenn ihr euch das Video anschaut). Legt das schmale Ende des Obi senkrecht nach unten auf die Mitte eures Rückens. Haltet die Länge des Obi mit dem linken Handrücken fest.
Schiebt die verbleibende Länge des Obi (mit dem breiten Ende) durch die Beuge eures rechten Arms, um ihn aus dem Weg zu räumen. Nehmt nun einen der Koshi-himo in die rechte Hand und führt sie hinter eurem Rücken zur linken Hand weiter. Bindet den Obi nun mit dem Koshi-himo vorübergehend fest. Nehmt das Ende des schmalen Teils des Obi, der hinter eurem Rücken hängen sollte, bringt es um eure linke Seite nach vorne und steckt es unter das Koshi-himo, damit es euch nicht stört und ihr an dem Knoten auf eurem Rücken, mit dem langen Ende des Obi, arbeiten könnt.
Steckt das schmale Ende des Obi unter den Koshi-himo, um es aus dem Weg zu schaffen.
3. Schritt: Macht eine Taiko-Schleife
Das breite Ende des Obi sollte direkt von der Mitte eures Rückens herunterhängen. Nehmt nun das Obi-makura in eure linke Hand und während ihr das lange Ende des Obi mit eurer rechten Hand an Ort und Stelle haltet, schiebt ihr das Obi-makura darunter. Stellt hier nun sicher, dass ihr alle Falten, die sich am oberen breiten Teil des Obi befinden, entfernt habt und hebt es zusammen mit dem Obi-makura darunter an. Wenn sich eine Otaikogara-Stickerei oder Druck auf eurem Obi befindet, überprüft im Spiegel, ob diese auch an der richtigen Stelle sitzt.
Schiebt das Makura unter den breiten Teil des Obi und greift mit der anderen Hand nach der Schärpe.
Passt das Makura an, um eine gerade Linie auf der Oberseite des Obi zu schaffen.
Bringt die Bänder der Obi-makura Schärpe nach vorne und bindet euren Obi-makura hoch oben auf eurem Rücken, macht dabei eine Schleife oder einen halben Knoten unter eurer Brustlinie oben auf dem Obi, vorne in der Mitte. Stellt sicher, dass ihr den Knoten richtig befestigt, da er dafür verantwortlich ist, dass der Bogen auf eurem Rücken seine korrekte Form beibehält. Steckt den Bogen und den übrig gebliebenen Stoff oben in den Obi, damit er nicht sichtbar ist.
Bindet die Schärpe des Obi-makura und steckt sie unter den Obi, damit sie nicht sichtbar ist.
4. Schritt: Deckt das Obi-makura mit dem Obiage ab
Faltet den Obiage in zwei Hälften und messt in etwa 10cm von der Mittelfalte ab. Haltet das Obiage mit einer Hand an dieser Stelle fest und führt es hinter eurem Rücken zu eurer anderen Hand. Behaltet dabei gedanklich ein Bild der Mittellinie bei, damit ihr den Obiage über das Obi-makura legen könnt. Bindet die Enden des Obiage vor euch zusammen, bei diesem Schritt ist es nicht notwendig, dass ihr sie fest oder besonders schön zusammenbindet.
Faltet den Obiage in zwei Hälften und messt ca. 10 cm von der Mitte entfernt. Führt den Obiage durch die Schleife und über das Obi-makura.
Seitenansicht des Obiage über dem Obi-makura. Kein Grund es an diesem Punkt straff zu binden.
5. Schritt: Erstellt die Unterkante der Taiko-Schleife
Auch hierfür verwendet ihr einen Koshi-himo, den ihr auf der Rückseite des Obi haltet, wo ihr die Linie erstellen wollt, direkt unter der Unterseite des um euch gebundenen Obi. Dreht dann den Obi mit euren Fingern nach innen und oben, um eine Falte an der Linie zu erstellen. Schiebt eure linke Hand zur Mitte und greift nach der Falte, die ihr gemacht habt. Bewegt sie leicht von eurem Körper weg, ohne sie jedoch hoch- oder runterrutschen zu lassen. Mit eurer rechten Hand könnt ihr dann den hängenden Teil des Obi in den Raum zwischen eurem Obi und Rücken schieben.
Verwendet einen Koshi-himo, um eine gerade Falte am unteren Rand der Taiko-Schleife zu erzeugen. Die Länge eines Zeigefingers, bleibt am unteren Ende des Obi sichtbar.
Nutzt die Länge eures Zeigefingers als Maß, dann zieht ihr den Rest des breiten Endes des Obi nach unten, mit Ausnahme der Länge von einem Zeigefinger von der Falte bis zum Ende des Obi. Achtet beim Messen darauf, die Position des Bandes nicht zu verändern und rauf oder runter zu schieben. Bindet nun die Enden tief vor euch, um die Position des Bandes tief zu halten, so dass der Bogen der Schleife nicht klumpig wirkt. Denkt daran, dass dieses Band nur vorübergehend dort bleibt und später entfernt wird.
6. Schritt: Sichert den Obi mit dem Obijime
Zieht das schmale Ende des Obi, das in Schritt 2 vorübergehend unter dem Koshi-himo versteckt wurde, aus dem Koshi-himo hervor und macht es so gerade und flach wie möglich. Zieht es nach links und von eurem Körper weg. Dreht das Ende dann in Richtung eures Rückens und zieht es mit der rechten Hand hinter eurem Rücken durch die Schlaufe der Taiko-Schleife, zwischen der Schlaufe selbst und dem überschüssigen Material, das ihr in Schritt 5 versteckt habt. Zieht es durch die Schlaufe, bis nur noch in etwa 1cm des Endes auf der rechten Seite der Schleife freiliegt.
Wenn auf der linken Seite überschüssiges Material sichtbar ist, versucht es, soweit wie möglich, zu glätten und in die Schleife zu stecken, zwischen dem überschüssigem Material und eurem Körper, wodurch eine gerade vertikale Falte entstehen sollte.
Etwa 1cm vom Ende des Obi sollte auf der rechten Seite der Taiko-Schleife sichtbar sein. Macht eine gerade, vertikale Falte im schmalen Ende des Obi und versteckt das überschüssige Material.
Nehmt den Obijime und faltet ihn in zwei Hälften. Haltet sie in einer Hand und führt sie durch die Schlaufe des Bogens bzw. der Schleife zur anderen Hand, wo ihr das überschüssige Obi-Material auf euren Rücken bindet. Bringt beide Enden nach vorne und haltet sie fest in einer Hand. An diesem Punkt sollte der Obijime den Obi an Ort und Stelle halten.
Löst mit eurer freien Hand den Koshi-himo um eure Mitte und lasst ihn auf den Boden gleiten. Bindet den Obijime mit einem hübschen Riffknoten fest um die Mitte des Obi und steckt die Enden des Obijime auf elegante Weise wieder unter den Obijime selbst.
Bindet den Obijime fest zu einem Riffknoten.
Steckt die Enden des Obijimes wieder unter den Obijime selbst, in eure Richtung.
Ihr könnt jetzt den zweiten Koshi-himo ohne Probleme entfernen
7. Schritt: Bindet den Obiage ordentlich zusammen
Nehmt den Obiage und faltet ihn so, dass die Kanten nach innen hin verborgen sind. Bindet den Obiage links über rechts. Das rechte Ende, das jetzt auf die linke Seite eures Körpers gezogen sein sollte, solltet ihr nun vorsichtig in den Obi stecken, damit keine ungewollten Falten entstehen.
Der Obiage links über rechts. Steckt das rechte Ende (linke Seite) des Obiage in die Oberseite des Obi.
Bringt das linke Ende zur Mitte zurück und rollt das überschüssige Material vom Ende auf, lasst aber ca. 10 cm übrig. Steckt dann den aufgerollten Teil außen auf den Knoten, den ihr gemacht habt, und faltet die restlichen 10cm in zwei Hälften. Das andere Ende steckt ihr in den Knoten. Und auch dieser Schritt ist leichter zu verstehen, wenn ihr euch das Video anseht, beginnend bei 14:18 Minuten.
Zieht eure Finger entlang der Oberseite des Obi über das Obiage von der Mitte eures Körpers bis zu den Seiten, um es richtig hineinzustecken.
Und das war es! Nun könnt ihr euren eigenen Nagoya-Obi im Taiko Stil binden! Macht euch keine Sorgen, wenn ihr bei den ersten malen Probleme habt. Übung macht den Meister!
Schaut euch das Video an, wenn ihr eine genauere Erklärung zum Nagoya-Obi von Sheila benötigt.
Sheila Cliffe
Dr. Sheila Cliffe lebt bereits seit über 30 Jahren in Japan und ist eine anerkannte Expertin für Kimonogeschichte und Mode. Sie ist Autorin des Buchs „The Social Life of Kimono“, ebenso wie sie im Vordergrund des Fotobuchs „Sheila Kimono Style“ steht. Zum 300-jährigen Bestehen der Gewerkschaft „Kyo Tango Chirimen Textilien“, ist sie ebenfalls deren Botschafterin. Als Professorin verfügt sie über umfangreiche Erfahrungen im Unterrichten der Kimono-Lehre in verschiedenen Rahmen, aber die Kunst und Freude am Anziehen ist und bleibt ihr größtes Vergnügen.
Folgt Sheila auf Instagram unter @kimonosheila oder auf Twitter.
Übersetzung von Yvonne.