Die Wellen schlagen an die Fenster des Bootes, während wir uns immer weiter auf das offene Meer hinauswagen und sich eine erwartungsvolle Stille im Inneren des Bootes ausgebreitet hat. Wir alle warten nur auf den Moment, wo der Motor stoppen würde und wir das Deck betreten können, bereit die Buckelwale in freier Natur zu beobachten.
Die Walsaison auf Okinawa
Denn kurz vor dem Beginn meines kleinen Ausfluges nach Okinawa meinte eine Freundin zu mir, dass nun der Höhepunkt der Walsaison wäre, eine Tatsache, wovon ich bis dato noch nichts gewusst hatte.
Aber es stimmt, von Ende Dezember bis Anfang April bevölkern zahlreiche Buckelwale die Küstengebiete rund um Okinawa und insbesondere das Gebiet rund um die Kerama Inseln, mit ihren schönen Korallenriffen, die nur knapp 40 Kilometer von Naha entfernt sind, gehört zu den beliebtesten Aufzuchtgebieten dieser faszinierenden Tiere. Vor allem im Februar und März haben Sie hier die Gelegenheit Buckelwale mit ihren Kälbern in freier Natur zu erleben und einen Einblick in das beeindruckende Sozialverhalten dieser Säugetiere zu gewinnen.
Auch die offizielle Webseite der Reise- und Tourismusinformation Okinawa (die sogar auf Deutsch verfügbar ist) klärt Sie über das Wichtigste auf, das Sie in Bezug auf die Walsaison wissen müssen. Unteranderem auch die Bedeutung der verschiedenen Bewegungen der Buckelwale, was diesen Ausflug gleich noch faszinierender macht.
Weiterhin wird Ihnen auf der offiziellen Tourismusinformationsseite auch eine Auswahl an Unternehmen aufgelistet, die Walbeobachtungstouren von Naha und weiteren Städten aus anbieten – hier haben Sie nun die Qual der Wahl.
Eine Waltour mit „Cerulean Blue Okinawa”
Meine Entscheidung fiel auf Cerulean Blue Okinawa, die zweimal täglich, einmal morgens und einmal nachmittags, Touren vom Miegusuku Hafen in Naha anbieten. Der Hafen liegt nur einen 10-minütigen Spaziergang vom Naminoue Schrein entfernt, sollten Sie aber direkt am Morgen die Tour buchen oder ein Mittagessen in Ihrem Hotel bevorzugen, können Sie bei der Buchung die Zusatzoption des kostenfreien Abholservices dazu reservieren (aber beachten Sie: Diese Option gilt nur, wenn sich Ihr Hotel in Naha befindet).
Sie erhalten am Abend zuvor eine E-Mail mit allen notwendigen Informationen, wo und wann genau Sie abgeholt werden, darüber hinaus werden Sie nach der Tour auch wieder zurück zum Hotel gebracht.
Ein weiterer Grund weshalb ich mich für Cerulean Blue Okinawa entschieden habe, ist die Geld-zurück-Garantie falls wir keinen Wal gesehen hätten oder die Möglichkeit, einen Gutschein für eine erneute Tour zu erwerben (die Garantie gilt nicht vom 23. Dezember – 31. Januar und vom 1. – 8. April).
Vorbereitung ist die halbe Miete
Schon auf der Touristeninformationsseite stehen erste Hinweise, woran Sie unbedingt denken sollten, denn nicht nur ein Sonnenschutz ist wichtig (wie ich am eigenen Leib erfahren durfte). Sie sollten selber auch abschätzen können, ob Sie dem starken Wellengang trotzen können.
Denn als ich das Wartehäuschen am Miegusuku Hafen erreiche und das notwendige Formular ausgefüllt habe, wird mir noch von der Option berichtet, für 500 Yen ein Fläschchen Medizin zu kaufen.
Dankend lehne ich dieses Angebot jedoch ab, da ich eigentlich der Meinung bin seetauglich zu sein, zumindest war ich dieser Meinung nach dem Segeltörn in der 13. Klasse auf der Nordsee. Aber die Nordsee und den Pazifik kann man schlecht miteinander vergleichen.
Nachdem alle Teilnehmer anwesend sind, werden wir zu unserem Boot gebracht, in dessen Inneren schon die Rettungswesten bereit liegen, die jeder Teilnehmer tragen muss, ebenso wie extra Spucktüten, die an jeden verteilt werden.
Während wir den Hafen verlassen, erhalten wir eine kurze Einführung auf Japanisch von unserer Gruppenleiterin, die uns erst einmal mit dem Boot vertraut macht und dann den genauen Ablauf der Walbeobachtungstour erklärt. So werden uns die wichtigsten Erkennungsmerkmale für die Anwesenheit von Walen genannt (das hellblau verfärbte Wasser durch Luftblasen) und auch, dass der Standort der Wale von unseren Gruppenleitern mit Uhrzeiten angegeben wird (3 Uhr, 6 Uhr, 9 Uhr und 12 Uhr).
Falls Sie kein Japanisch verstehen, ist auch zusätzlich zu den Japanisch sprechenden Gruppenleitern, noch ein Englisch sprechender Gruppenleiter mit dabei.
Der Pazifik ist nicht die Nordsee
Nachdem wir den Hafen von Naha verlassen haben, nimmt das Boot an Geschwindigkeit zu und durchbricht die Wellen des Pazifiks, auf dem Weg zum Gebiet vor den Kerama Inseln. Die anfängliche Aufregung hat sich schnell gelegt und mittlerweile kann ich auch die Hinweise auf die Seetauglichkeit verstehen, denn wer eine gemütliche Bootsfahrt erwartet, ist hier falsch!
Die Wellen schlagen gegen die Fenster des geschützten Innenbereichs, während die Gespräche langsam verstummen und die meisten Teilnehmer mittlerweile die Augen geschlossen haben, um gegen das flaue Gefühl im Magen anzukämpfen. Eine Achterbahnfahrt ist nichts dagegen!
Dann, nach knapp einer halben Stunde Fahrt, nimmt die Geschwindigkeit unseres Bootes ab und unsere Gruppenleiter rufen uns an Deck, welches erstaunlich trocken ist, obwohl die ganze Zeit über das Wasser gegen die Fenster spritzte.
Wir sind mitten auf dem offenen Meer, zwei weitere Boote anderer Walbeobachtungstouren neben uns und lauschen gespannt den Erläuterungen unserer Gruppenleiter, die uns nochmal ins Gewissen rufen, worauf wir nun zu achten haben.
„Drei Uhr!“ – Das Boot setzte sich augenblicklich in Bewegung, wir halten uns an der Reling fest und da sehen wir auch schon die 3 bis 5 Meter hohe Nebelfontäne, entstehend durch das Ausatmen, die uns die Anwesenheit eines Buckelwals bestätigt.
Die Verfolgungsjagd beginnt
Alle drei Boote haben sich in Bewegung gesetzt und da sehen wir auch schon die Flosse des Buckelwals, während ein aufgeregtes Raunen über das Deck geht.
Sich einem solch mächtigen Tier gegenüber zu sehen, von bis zu 15 Metern Länge und einem Gewicht von bis zu 30 Tonnen, wie uns unsere Gruppenleiter erzählen, ist doch ein ziemlich beeindruckendes Gefühl.
Aus diesem Grund halten auch die Boote einen gewissen Sicherheitsabstand zu dem Buckelwal ein, was aber nicht immer glückt, erst recht nicht, wenn der Wal selber in Spiellaune ist.
Eine Weile lang ist es ruhig. Nachdem sich der Buckelwal einmal gezeigt hat, scheint er abgetaucht zu sein und unsere Gruppenleiter erzählen uns von dem Spielverhalten der Muttertiere und ihrer Kälber, während unsere Blicke dabei auf das aquablaue Meer gerichtet sind, wo wir auf der Suche nach Anzeichen für einen Wal Ausschau halten.
Lange müssen wir jedoch nicht suchen, denn da scheint der Buckelwal uns gefunden zu haben und keinen Meter neben unserem Boot entfernt, taucht der mächtige Kopf des Tieres auf – ein Erlebnis, das nicht in Worte zu fassen ist.
Nur wenige Augenblicke später, taucht die Schwanzflosse des Buckelwals in einigen Metern Entfernung erneut auf, er scheint weiter zu wollen, weshalb sich nun auch die Boote wieder in Bewegung setzen. Die Verfolgungsjagd kann beginnen!
Neben der Bewunderung für dieses eindrucksvolle Säugetier, kommen mir natürlich auch die Bedenken, ob wir die Buckelwale nicht vielleicht stören, aber diese Bedenken lösen sich recht schnell in Luft aus, denn der Wal scheint sich von unserer Anwesenheit nicht stören zu lassen.
Entspannt zieht er seine Wege im Wasser, zeigt seine Brustflossen und scheint seine Späßchen mit den Booten zu treiben. Immer wieder, wenn wir denken, dass er sich auf und davon gemacht hat, taucht entweder seine Flosse auf oder eine erneute Nebelfontäne ist durch das Ausatmen des Wals zu erkennen.
Und so verfolgen wir den Wal gut eine Stunde lang, bevor es ein letztes Mal Flosse heben heißt und wir ihm “Auf Wiedersehen“ sagen, um uns auf den Rückweg zum Hafen von Naha zu machen.
Denn auch der strahlendblaue Himmel hat sich langsam verdunkelt, so dass wir uns zurück unter Deck begeben, um erneut durch die Wellen zu preschen. Das flaue Gefühl im Magen, ist einer glücklichen, noch leicht von Adrenalin gezeichneten, Zufriedenheit gewichen.
Die Chance einen Buckelwal in freier Natur zu sehen, bekommt man nicht gerade häufig, aber die Walbeobachtungstour mit Cerulean Blue Okinawa hat mir diese Gelegenheit geboten und hätte ich nochmal die Möglichkeit eine solche Tour zu buchen, ich würde es immer wieder tun!