Japans kleinste Hauptinsel Shikoku gehört meist nicht zu den Hauptzielen internationaler Touristen, die Japan bereisen. Viele verfolgen die goldene Route mit Tokio – Fuji – Kyoto – Osaka – Hiroshima. Doch lohnt sich ein Besuch der vier Präfekturen auf Shikoku sehr, nicht nur um den Touristenströmen zu entkommen. Wir haben im Herbst 2020 die Präfektur Ehime besucht und von deren Hauptstadt Matsuyama aus einen Tagesausflug in die Stadt Ozu unternommen. Ein Highlight der Reise, vor allem aufgrund der wunderschönen herbstlichen Farben.
Die Burg Ozu: Besucht eine rekonstruierte Burg aus Holz
Der Fluss Hijikawa fließt durch die Stadt Ozu und bietet eine wunderschöne Kulisse für eine der Hauptattraktionen der Stadt: die Burg Ozu (大洲城, Ōzujō).
Die Burg Ozu (大洲城) befindet sich auf einem Hügel am Fluss und wurde 1331 erbaut. Die Burg trägt auch den Namen Jizogadake (地蔵ヶ嶽城). Wie viele der japanischen Burgen, wurde auch sie im Laufe der Geschichte mehrfach zerstört, sei es durch Feuer, Naturkatastrophen oder Menschenhand. Nach der Meiji Restauration blieb die Burg verwahrlost zurück, bis 1888 der Abriss des Hauptgebäudes entschieden wurde. Nur vier Wachtürme (櫓, yagura) blieben intakt, welche 1957 zu einem wichtigen Kulturgut Japans ernannt wurden.
Die Planungen zum Wiederaufbau der Burg starteten 1996. Hierfür wurden historische Aufzeichnungen der alten Bauweise und traditionelle Techniken mit Holz und ohne Nägel genutzt, welche den Neubau sehr nah am Original halten sollten. Im Jahr 2004 wurden die Arbeiten erfolgreich beendet.
Im Inneren der Burg befinden sich steile Treppen sowie eine Ausstellung zur Geschichte und zum Wiederaufbau der Burg, mit Modellen, Figuren, Aufzeichnungen und Fotos. Der Eintritt kostet für Erwachsene 550 Yen und die Burg ist täglich von 9:00 bis 17:00 Uhr geöffnet (letzter Einlass 16:30 Uhr). Vom obersten Stockwerk bietet sich ein wunderbarer Blick über die Stadt, den Fluss und die Berge im Umland.
Wenn ihr die Burg noch mehr erleben wollt, gibt es die einmalige Chance in der Burg Ozu zu übernachten. Mit Futon auf den traditionellen Holzböden dort zu schlafen, wo auch einst die Samurai ihre Nächte verbracht haben – davon möchte man doch sicher gern nach der Reise seiner Familie und Freunden berichten.
Garyu Sanso: Eine historische Villa
Etwa 15 Minuten zu Fuß von der Burg entfernt liegt Garyu Sanso (臥龍山荘), eine Bergvilla, die ihr bei eurem Besuch in Ozu nicht verpassen solltet. Die Villa besteht aus einem großen Garten mit mehreren Gebäuden und wurde 1907 errichtet. Zur Planung wurden zahlreiche Architekten zu Rate gezogen und Designs von kaiserlichen Villen in Kyoto als Vorlage genutzt. So gibt es zahlreiche Details bei einem Besuch zu entdecken.
Vom eleganten Haupthaus aus könnt ihr den Ausblick auf den mit viel Moos bewachsenen Garten genießen. Vor allem im Herbst, mit den roten und gelben Farben des Herbstlaubs (紅葉, kouyou), ist der Garten wunderschön. Am Ende des Gartens befindet sich ein Gebäude auf Stelzen, von dem aus man auf den Fluss blicken kann. In der gewölbten Deckenkonstruktion soll sich das Mondlicht vom Fluss spiegeln.
Drei der Gebäude wurden 2016 zum wichtigen nationalen Kulturgut benannt. Dazu zählen das Garyuin (das traditionelle Hauptgebäude), das Furoan (das Teehaus auf Stelzen) und das Bunko (ein Lagerhaus für Dokumente, Bücher, Gemälde und andere wichtige Dinge).
Der Eintritt in die Garyu Sanso Villa kostet ebenfalls 550 Yen und auch hier sind die Öffnungszeiten von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr (letzter Einlass 16:30 Uhr). Es gibt allerdings auch ein Kombi-Ticket mit der Burg, welches für beide Orte 880 Yen kostet.
Was kann man noch in Ozu sehen und unternehmen?
Die Burg Ozu und die Villa Garyu Sanso sind die beliebtesten Touristenziele in der Stadt Ozu. Aber der kleine Ort hat noch mehr zu bieten. Ein Teil des historischen Stadtzentrums wurde erhalten und erinnert an Samurai-Residenzen und die Häuser der Kaufleute. Die Kanäle mit klarem Wasser sind mit Blumen bepflanzt und ihr könnt dort auch den einen oder anderen Koi-Fisch entdecken. Bei einem Spaziergang durch diese Gegend könnt ihr in einen Mix aus der Edo- und Meiji-Zeit eintauchen. Oder ist euch die Showa-Zeit (1926-1989) lieber? Auch diese hat die Stadt Ozu zu bieten.
Eine Einkaufsstraße aus der Showa-Ära und ein Retro-Museum
Der Bereich Pokopen Yokocho (ポコペン横丁) spiegelt einen Einkaufsbereich der 1950er/ 1960er Jahre wieder. Dort findet ihr alte Blechwerbungen an den Wänden und Stände im Showa-Stil, wo an jedem Sonntag von April bis Ende November, sowie an jedem dritten Sonntag von Dezember bis März, die unterschiedlichsten Sachen verkauft werden. Dazu gehören Speisen, aber auch altes Spielzeug und Antiquitäten. An manchen Ständen kann man auch alte Spiele aus dieser Zeit ausprobieren.
Mit dazu gehört auch das Omoide Soko Museum (思ひ出倉庫), ein kleines Showa Retro Museum, gefüllt mit allen möglichen Dingen aus dieser Zeit. Es befindet sich darin eine Art Werkstatt, aber auch eine ganze Showa-Wohnung sowie eine Ecke, die Coca Cola gewidmet ist. Der Eintritt kostet für Erwachsene lediglich 200 Yen und ermöglicht eine kleine Zeitreise in das vergangene Jahrhundert.
Geht Souvenirs einkaufen in der Ozu Redbrick Hall
Direkt daneben befindet sich das Akarengakan (赤レンガ館), auch als Ozu Redbrick Hall bezeichnet. Dieses hat eher einen westlichen Baustil mit seinen roten Backsteinen. Früher war dies ein Bankgebäude, heute sind hier Touristen willkommen. Darin befinden sich neben einer Verkaufsfläche von regionalen Produkten wie Kerzen, Keramik und Bildern, auch Ausstellungen und ein Ort zum Ausruhen.
Zum Abschluss eures Besuchs in der Stadt Ozu könnt ihr noch leckere Souvenirs für euch und eure Liebsten mitnehmen. Sehr beliebt sind die Ozu Castle Kinako Kusa Dango, eine Süßigkeit aus Mochi, Sojamehl und rotem Bohnenmus. Auf der Verpackung ist sogar die Burg abgebildet. Zudem ist die Präfektur Ehime für ihre Mandarinen bekannt und so findet ihr unendliche Produkte mit Mandarinen. Auch das Präfektur-Maskottchen Mikyan sieht wie ein Hund in Mandarinenform aus.
Ich hoffe, euch hat unsere kleine Tour durch das herbstliche Ozu gefallen. Wir haben während unserer Reise Anfang Dezember zahlreiche schöne Orte mit Herbstlaub sehen können und vor allem sind die Temperaturen zu dieser Zeit auch sehr angenehm zum Reisen.
Wie man in die Stadt Ozu kommt
Die Stadt Ozu (大洲) befindet sich im westlichen Teil von Shikoku in der Präfektur Ehime (愛媛県). Von Matsuyama aus ist Ozu am besten mit dem Express-Zug zu erreichen. Bis zum Bahnhof Iyo-Ozu dauert die Fahrt etwa 35 Minuten und kostet 1.500 Yen pro Strecke (2.460 Yen mit Sitzplatzreservierung). Ihr könnt natürlich auch die regionalen Züge benutzen, damit braucht man allerdings fast das dreifache der Fahrtzeit.
Der Bahnhof Iyo-Ozu befindet sich etwa 1,5 bis 2 Kilometer von den Hauptattraktionen der Stadt entfernt. Entweder könnt ihr dorthin laufen oder den Bus nehmen (achtet hier auf die Fahrtzeiten, da die Busse nicht allzu oft fahren). Alternativ könnt ihr euch auch direkt am Bahnhof in der Touristeninformation ein Fahrrad ausleihen und damit die Stadt erkunden.
Ein Besuch in der Präfektur Ehime und der Stadt Ozu lohnt sich aber auch zu anderen Jahreszeiten – zum Beispiel im Frühling zur Kirschblüte oder im Sommer, wenn die Natur im satten Grün erstrahlt. Wenn ihr zudem Ende April / Anfang Mai nach Ozu reist, könnt ihr euren Besuch mit über 60.000 Azaleen, die im Tomisuyama Park (冨士山公園), blühen verbinden. Je nachdem, wann ihr eure nächste Japanreise macht, plant einen Abstecher nach Shikoku mit ein, denn die Gegend hat auch noch andere Ziele zu bieten.