Wenn wir heute von Fukushima reden, sind die ersten Bilder, die uns in den Kopf kommen, die verstörenden Aufnahmen von der Dreifachkatastrophe aus dem Jahr 2011, Bilder eines zerstörten Atomkraftwerks und der 20 Kilometer langen Sperrzone. Dass es sich hierbei aber nur um ein begrenztes Gebiet handelt, wird in den meisten Fällen ausgeblendet.
Wir aber machen uns daher an diesem Sonntag auf den Weg in die Präfektur Fukushima, genauer gesagt in die Stadt Shirakawa, die nur unweit von der Präfektur Tochigi entfernt liegt. Was uns erwartet ist eine Reise voller unentdeckter Juwelen, erholsamer Orte und… Kirschblüten!
Die Kirschblüte in Shirakawa
Dass auch andere das selbe Ziel wie wir verfolgen, wird uns während der Fahrt nach Fukushima ziemlich schnell klar. Denn die Züge, die sich durch die vielen kleinen Ortschaften schlängeln, sind voll gepackt mit Menschenmassen, die sich scheinbar alle auf den Weg in die Präfektur Fukushima gemacht haben. Der Grund dafür erwartet uns am JR-Bahnhof Shirakawa, denn sobald wir die Bahn verlassen haben, begrüßt uns bereits vom Bahnhof aus die Burg Shirakawa-Komine – und mit ihr ein Meer aus Kirschblüten.
Denn während die Kirschblüte in Tokio schon seit fast zwei Wochen vorbei ist, stehen die Kirschblütenbäume in Shirakawa in voller Blüte. Und so können wir bereits vom Bahnhof aus den Blick auf die Burganlage mit ihrer weißen und rosaroten Blütenpracht genießen.
Ein kleiner Tipp: Wenn ihr früh genug in Shirakawa ankommt, könnt ihr euch am Touristeninformationszentrum der Stadt, welche direkt am Bahnhof liegt, ein Fahrrad ausleihen. Normale Fahrräder werden kostenlos verliehen, Cross-Räder kosten 1.000 Yen für drei Stunden, oder 2.000 Yen für den kompletten Tag. Die Preise für E-Bikes variieren je nach Plan. Das Informationszentrum ist von März bis Oktober von 9 bis 18 Uhr, und von November bis Februar von 9 bis 17 Uhr geöffnet.
Die Burg Shirakawa-Komine
Zu Fuß sind es keine zehn Minuten, die wir vom Bahnhof zur Burg Shirakawa-Komine brauchen und uns vor einer beeindruckenden Kulisse wiederfinden. Auf der weitläufigen Burganlage tummelt sich nur eine Handvoll Menschen, während sich im Hintergrund das beeindruckende Panorama der Gebirgskette abzeichnet, die sich von der Präfektur Fukushima bis in die Präfektur Tochigi ausdehnt.
Errichtet wurde die Burg Shirakawa-Komine im Jahr 1340 von General Chikamoto Yuki, bevor sie 1632, unter der Leitung von Nagashige Niwa, im Teikaku-Stil umgebaut wurde.
Die strahlendweiße Fassade hebt sich von dem blauen Himmel ab, während wir die wenigen Stufen hoch zur Burg erklimmen und uns auf einem der zahlreichen geschichtsträchtigen Schauplätze wiederfinden, die Japan auszeichnen. Einst wütete hier der Boshin Krieg (1868 – 1869), ebenso wie Shirakawa Schauplatz der Schlacht von Aizu im Jahr 1868 wurde, als die Befürworter der Tokugawa gegen die Satchō Allianz, die hinter der Kaiserfamilie stand, aufeinander trafen.
Bereits während dieser Schlacht wurde ein Großteil der Burganlage zerstört, deren Überreste dann noch der Meiji-Restaurierung zum Opfer fielen und die Burganlage zu einer Parkanlage umfunktioniert wurde. Der Wiederaufbau der Burganlage begann erst 1991 und wurde 17 Jahre später von der japanischen Regierung als National Historic Site geschützt.
Wir lassen uns natürlich auch nicht die Gelegenheit entgehen die Burg von Innen zu besichtigen (kostenlos), wobei der Aufstieg in die oberen Etagen nichts für große Leute ist!
Ein Ort zum Wohlfühlen
Nach einer kurzen Mittagspause unter den Kirschblütenbäumen, machen wir uns auf den Weg zum Nanko Park, der ungefähr drei Kilometer von der Burg Shirakawa-Komine entfernt liegt.
Unser Weg führt uns einmal quer durch die Stadt selbst, vorbei an niedlichen Restaurants im europäischen Stil, Einfamilienhäusern die ungewöhnlich groß, aber sehr einladend wirken und entlang eines kleinen Flusses, der von herunterhängenden Kirschblütenbäumen gesäumt ist.
Ein kleines Paradies auf Erden – anders kann man Shirakawa beim besten Willen nicht beschreiben und der Wunsch sich hier eines Tages zur Ruhe zu setzen wird nur noch mehr bestärkt, als wir letztendlich den Nanko Park erreichen.
Der Nanko-Schrein
Bevor wir um den Nanko-See herum laufen, um von dort aus wieder zum Bahnhof zu gelangen, legen wir einen Stopp am Nanko-Schrein ein, der mit seinen herabhängenden Kirschblütenbäumen einen malerischen Anblick bietet. Errichtet wurde der Schrein 1922, zu Ehren von Matsudaira Sadanobu, dem dritten Daimyō Shirakawas.
Der heilige Baum (jap. Goshinboku ご神木) des Schreins ist ein hängender Kirschblütenbaum, auch Rakuou-Zakura genannt. Es heißt, dass dieser bereits um die 200 Jahre alt ist.
Nanko-Park: Einer der ältesten japanischen Gärten
Der Nanko–Park, was wörtlich übersetzt „der Süden des Sees“ bedeutet und der sich ebenfalls südlich der Burg Shirakawa-Komine befindet, entstand im Jahr 1801 und gilt heutzutage als einer der ältesten japanischen Gärten, der ebenfalls die Möglichkeit anbietet, die rund 800 Yoshino-Kirschblütenbäume vom Wasser aus zu genießen. Gegen einen kleinen Aufpreis könnt ihr euch hier ein Boot mieten und damit die Ruhe auf dem Wasser genießen, wenn ihr keinen Spaziergang um den See machen möchtet.
Der blaue Himmel und der strahlende Sonnenschein laden aber geradewegs zu einem Spaziergang ein, weshalb wir uns entscheiden zu Fuß um den halben See zu gehen, um so später zum JR Bahnhof Shin-Shirakawa zu gelangen, von wo aus wir zurück nach Tokio fahren.
Unser Weg um den Nanko-See herum, führt uns durch eine Allee aus Kirschblütenbäumen, während am Ufer kleine Gruppen von jüngeren und älteren Leuten sitzen, die das Wetter zum Grillen nutzen. Ein wahrhaft idyllischer Anblick!
Anfahrt nach Shirakawa
Die schnellste Verbindung nach Shirakawa ist vom Bahnhof Tokio aus ist mit dem Tohoku-Shinkansen. Diesen nehmt ihr bis zum JR-Bahnhof Shin-Shirakawa (ca. 1 Stunde 20 Minuten) , und steigt dann in die lokale Tohoku-Linie in Richtung Koriyama um, bereits die nächste Station ist der JR-Bahnhof Shirakawa. Die Strecke wird von dem JR-Pass abgedeckt.
Und wenn man mich heute nochmal zu Fukushima fragen würde, so wären die ersten Bilder, die mir in den Kopf kommen, die strahlend weiße Fassade der Burg Shirawaka-Komine, umrahmt von Kirschblüten, das Wiegen der Baumkronen in der sanften Briese, die einladenden Familienhäuser und die glitzernde Oberfläche des Nanko-Sees, der meinen Entschluss – noch einmal zurückzukehren – nur noch weiter bestärkt hat.