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Ohne die hart erarbeiteten Kochkünste, die ich brauche, um mir gelegentlich einen Teller halbwegs schmackhaftes Essen zuzubereiten, wäre ich wahrscheinlich nicht der – zumindest körperlich – gut gebaute Mann mittleren Alters, der ich heute bin. Hätte ich mich im Laufe meines ethisch gebotenen, aber ernährungstechnisch tollkühnen Versuchs, (sehr) lange in Tokio zu leben, zunächst als Vegetarier und dann als Veganer, auf externe Nahrungsquellen verlassen, wäre ich höchstwahrscheinlich Ende 20 verkümmert und hätte nichts mehr davon. Ein veganer Guide für Tokio, soll mein über die Jahre erlangtes Wissen nun mit euch teilen – damit ihr nicht genauso endet.

Japan, wie wir wissen, gehört zu den größten kulinarischen Nationen: Mit Michelin-Sternen übersät und mit dem Talent gesegnet, einfache Zutaten von höchster Qualität in Gerichte zu verwandeln, die von Heerscharen von Gourmets aus alles Welt bewundert und nachgeahmt werden. Essensliebhaber und Meeresfrüchte-Fans, insbesondere diejenigen mit Geld, werden diese Insel als Paradies für Gaumenfreuden empfinden. Für diejenigen, die Zutaten tierischen Ursprungs meiden, ist das Leben in Japan leider kein Zuckerschlecken, da es meiner Erfahrung nach häufig damit verbunden ist, sich im Freien mit enttäuschenden Lebensmitteln vollzustopfen.

Die schlechten Nachrichten für Veganer in Japan

Flossen-, Feder- oder Vierbeinerfreunde (in extrahierter Form) finden sich mit erschreckender Regelmäßigkeit in den kleingedruckten Zutatenlisten unerwarteter Lebensmittel wieder. Die gut beleuchteten Gänge der Supermärkte und Konbinis sind gefährliche dunkle Gassen für Veganer mit dürftigen Kanji-Kenntnissen (wie ich), schlechter Sehkraft (auch ich) oder der Naivität zu glauben, dass Makrele beispielsweise nichts in Kartoffelchips mit der Geschmacksrichtung „Schwarzer Pfeffer“ zu suchen hat (ich nicht mehr).

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Foto: Bruna Santos

Es ist natürlich nicht so, dass es in den Geschäften nichts Gutes zu essen gibt, wenn man es denn findet, und es gibt definitiv gute Restaurants, aber die veganen Nadeln in Tokios überwältigendem Restaurant-Heuhaufen zu finden ist, oder war es zumindest bis vor kurzem, eine navigatorische Meisterleistung, die spontane Genüsse enttäuschend selten macht. „Freudeloser Mangel an Spontanität“ ist jedoch nur einer der vielen zweiten Vornamen, die nicht auf meine Zairyu-Karte (japanische Aufenthaltskarte) passen würden. Und nachdem ich mir mein fleischloses Bett gemacht habe, werde ich, wenn auch nicht völlig zufrieden, so doch (von diesem einen Mal abgesehen) klaglos darin liegen.

Die guten Nachrichten für Veganer in Japan

Glücklicherweise hat sich die Situation geändert, seitdem ich als frisch gebackener Abstinenzler direkt aus Narita (ziemlich regelmäßig) angekommen, häufig Speck oder Hühnchen als „vegetarische“ Option angeboten bekam. Vegetarier und Veganer sind zwar weiterhin nicht so häufig (genauso wenig wie im Großbritannien meiner Jugend), doch sie sorgen nicht mehr für große Verwirrung und Besorgnis. Und, aller Wahrscheinlichkeit nach ermutigt durch das Potential sich pflanzlich ernährender Besucher aus Übersee, haben Konbinis und Lebensmittelabteilungen von Kaufhäusern begonnen, sich – vorerst vorsichtig – an pflanzlichen Leckereien zu versuchen.

Die vegane Restaurantszene in Tokio hat sich seit den mehr oder weniger trostlosen Tagen vor 20 Jahren gewandelt, und überall in der Stadt sprießen neue Restaurants wie Sakura-Knospen im frühen Frühling aus dem Boden, die eine zuvor unvorstellbare Vielfalt und Qualität an tierleidfreien Gerichten anbieten. Der Aufstieg des Smartphones im gleichen Zeitraum bedeutet, dass Veganer im heutigen Tokio Karten, Apps und Online-Bewertungen verwenden können, um eine gastronomische Erlebnistour in der ganzen Metropole zu planen, die meinem hungrigen jüngeren Ich die Kinnlade herunterfallen ließ. Eine perfekte Gelegenheit, alles außer meinem selbst gekochten Gerichten in sich hineinzuschaufeln.

Persönliche Favoriten, die nicht mein Zuhause sind

Wenn ich (nur) mehr Geld und mehr Zeit hätte, wäre die folgende Liste länger und würde zweifellos viele schicke Restaurants mit witzigen Konzepten und entsprechenden Preisen enthalten. Ich bin ein Mann mit festen Gewohnheiten und begrenzten Mitteln, und wenn ich mich von meinen Töpfen und Pfannen lösen muss, esse ich lieber etwas, von dem ich weiß, dass es mich nicht enttäuschen wird. Allerdings sollte hier ein kleiner Vorbehalt gemacht werden. Meine Frau Yuki betreibt das neu eröffnete vegane Izakaya Nowhere in Asakusa, über das hier auf Voyapon berichtet wurde. Im Folgenden findet ihr jedoch eine kleine Auswahl anderer Orte, an denen ich gerne mein vorhersehbares und unkultiviertes veganes Ich fülle.

Great Lakes

Ohne Zweifel gibt es hier die besten fleischlosen Burger in Tokio oder vielleicht sogar in der ganzen Welt. Die riesigen Burger von Great Lakes werden mit einer Vielzahl köstlicher Beläge (einschließlich einer verblüffend authentisch wirkenden schmelzenden Käsesauce) und, wenn ihr genug Platz habt, goldenen Pommes, Shakes und Eiscreme serviert. Fast alles, was hier serviert wird (einschließlich der Patties, Saucen und Eiscreme), wird sorgfältig nach ihren eigenen (vermutlich streng geheimen) Rezepten selbst gemacht – und die Mühe zahlt sich voll und ganz aus. Da ich in nicht spezialisierten japanischen Hosengeschäften bereits an die Grenzen der Hosenbundverfügbarkeit gestoßen bin, esse ich hier nicht allzu oft.

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Ovgo Baker

Veganer zu werden bedeutete für mich, die Liebe zu Kuchen zu verlieren, ein trauriges Ende eines Lebens voller süßer Nachmittagserlebnisse, bei denen der Genuss durch starken schwarzen Kaffee ausgeglichen und verstärkt wurde. Die pflanzlichen Leckereien und Süßigkeiten, die ich (wiederholt) probierte, waren größtenteils sehr lecker, aber irgendwas schien zu fehlen. Bis ich schließlich Ovgo Baker entdeckte und meine Leidenschaft neu entfacht wurde. Die Kuchen und Kekse hier sind nicht nur eine Augenweide, sondern schmecken, soweit ich mich erinnere, auch so, wie Kuchen und Kekse schmecken sollen: süß und üppig, und nicht im Geringsten wie gesunde Ernährung.

Komeda is

In einem ermutigenden, aber wahrscheinlich unpassenden Schritt, eröffnete die beliebte Kaffeekette Komeda 2020 ihr komplett pflanzliches Kissaten-Restaurant in Tsukiji. Sandwiches, Burger, Pfannkuchen und Gebäck sowie Softeis werden in einem entspannten, leicht retromäßigen Ambiente voller Grün serviert. Trotz seiner japanischen Wurzeln erinnert mich die klassische Kaffeehauskarte in all ihrer fröhlich-untertriebenen Güte an gelegentliche Leckereien in Cafés als Kind in Großbritannien. So enttäuschend es auch ist, dass bisher keine weiteren Filialen entstanden sind, ist es vielleicht auch besser so. Wenn es an jeder Straßenecke eine Filiale gäbe, würde ich wahrscheinlich zwischen ihnen hin- und herrollen, wie ein Flipper zwischen den Stoßstangen.

Coco Ichiban: Die letzte Zuflucht

Wenn ihr etwas essen müsst und das nächste vegane Restaurant mehrere Kilometer entfernt ist und kurz vor der Schließung steht, ist es gut zu wissen, dass das allgegenwärtige Coco Ichiban (in vielen, aber anscheinend nicht allen Geschäften) eine komplett pflanzliche Version seines einfachen und ehrlichen Currys nach japanischer Art anbietet, das eine Lücke auf weitaus schmackhaftere und zufriedenstellendere Weise füllt, als Preis und Präsentation vermuten lassen. Ein innovativer Schärfegradindex, der von eins (anscheinend „sehr scharf“) bis 20 („beschränkt auf diejenigen, die bereits eine ganze Portion der Stufe 15 gegessen haben“) reicht, bietet Kunden außerdem eine einzigartige Gelegenheit, die Grenzen ihres inneren Mechanismus zu testen.

Natürlich gibt es auch online zahlreiche Informationen zu veganem Essen und wo man es in Tokio und Umgebung finden kann. Schaut euch den Tokyo Vegan Guide auf Instagram, Happy Cow und Voyapons eigene Schatzkiste mit Artikeln über veganes Essen und vegane Ernährung in Japan an.

Übersetzung von Yvonne Tanaka.

Richard Koyama-Daniels

Richard Koyama-Daniels

Richard Koyama-Daniels is a British writer and illustrator based in Tokyo.