Wir Pferdeliebhaber haben doch alle etwas gemeinsam. Auch im Urlaub, in einem fremden Land, können wir nicht darauf verzichten hoch oben im Sattel zu sitzen oder zumindest über die weichen Nüstern unserer treuen Begleiter zu streichen. Und da stellt sich uns natürlich die Frage: Wo finden wir Pferde in Japan?
Denn obwohl Pferde im Shintoismus, der ursprünglichen Religion Japans, eine bedeutsame Rolle spielen und Pferderennen sich in Japan einer großen Beliebtheit erfreuen, sind Pferde in Japan an sich ein eher seltener Anblick. Dabei können die ersten Spuren der domestizierten Pferdehaltung in Japan auf das 5. Jahrhundert, auf die Kofun-Ära, datiert werden. Die Ursprünge dieser Pferde gehen auf das mongolische Festland zurück, von wo aus die Tiere über Korea nach Japan kamen.
Heute möchten wir der Geschichte der Pferde in Japan auf die Spur gehen, ihrer religiösen Bedeutung, von den Anfängen in der Kofun-Ära über die ersten Pferderennen im 11. Jahrhundert bis hin zur Moderne. Lasst euch überraschen und erfahrt, wo ein einmaliges Erlebnis auf dem Pferderücken in Japan auf euch wartet.
Das göttliche Pferd in Japan: Pferde im Shintoismus
Seit jeher besitzen Pferde im Shintoismus eine besondere Bedeutung. Sie sind die Tiere, die die Seelen der Verstorbenen während der Obon-Zeit zurück ins Diesseits befördern („Seelenpferd“, shōryō-uma 精霊馬). Auf ihnen reitet die Sonnengöttin Amaterasu (天照), weshalb sie auch „Pferde der Götter“ (shinme 神馬) genannt werden. Und auf ihnen ist der Ursprung der Ema („Pferdebild“ 絵馬, kleine Holztäfelchen, auf denen Bitten an die Gottheiten niedergeschrieben werden) zurückzuführen.
Wie ihr seht sind die Fäden des Shintoismus und der Pferde, als heiliges Tier und Transportmittel der Götter, unabdingbar miteinander verwoben. Typischerweise lassen sich daher auch Abbildungen und Statuen von Pferden an Shinto Schreinen finden, in wenigen Ausnahmen sogar lebendige Tiere. Das beste Beispiel hierfür ist der Kanda Myōjin Schrein (神田明神). Im Herzen Tokios befindet sich auf dessen Gelände das Pony Akari, welches als heiliges Pony die Götter transportieren soll.
Ema: Die Abbildung der heiligen Pferde
Doch die Haltung eines Ponys oder Pferdes auf einem Schreingelände gestaltet sich nicht nur als recht aufwendig, sondern ebenfalls als ziemlich kostspielig. Aus diesem Grund fanden sich bereits seit der Nara-Ära (Nara jidai 奈良時代), von 710 bis 794 n. Chr., die ersten Abbildungen und Statuen von Pferden auf Schreingeländen wieder. Um die Kamakura-Ära herum (Kamakura jidai 鎌倉時代, 1185-1333), bürgerte sich die buddhistische Tradition der Holztäfelchen ein.
Der japanische Name dieser Holztäfelchen, Ema, setzt sich aus dem Kanji für „Bild“ 絵 (‚e‘) und dem Kanji für „Pferd“ 馬 (‚uma‘) zusammen. Doch heutzutage werden auf den Ema nicht mehr nur Pferde, sondern insbesondere auch die Tiere der Tierkreiszeichen sowie schreintypische Motive abgebildet.
Ao no Uma: Das weiße Pferd zu Neujahr in Japan
Dass Pferde in Japan somit auch Teil religiöser Veranstaltungen sind ist selbsterklärend. Zu einer der bekanntesten Veranstaltungen gehört das „Shinto-Ritual des Schimmels“ (Ao Uma Shinji 白馬神事) am Sumiyoshi Taisha Schrein (住吉大社) im Stadtbezirk Sumiyoshi in Osaka, Japan. Die Lesung der Kanji Ao Uma Shinji 白馬神事 impliziert, dass nicht nur ein weißes Pferd (hakuba 白馬), ein Schimmel, in die religiöse Bedeutung mit einbezogen wird. Mit den Kanji wird ebenfalls ein Rappe, ein (blau-)schwarzes Pferd, gemeint. Dieses verkörpert im shintoistischen Glauben Unwetter und Naturkatastrophen.
Jährlich am 7. Januar, dem siebten Tag des Jahres, besucht das heilige Pferd des Sumiyoshi Taishas die Hauptgebäude des Schreins, bevor es auf dem Gelände seine Runden dreht. Es heißt, dass diejenigen, die ein weißes Pferd während der Neujahrsfeierlichkeiten sehen, von Krankheit verschont bleiben und Glück im neuen Jahr erhalten.
Kultobjekt Pferd: Veranstaltungen rund um Pferde in Japan
Pferde oder deren Abbilder, werdet ihr aber nicht nur an Schreinen antreffen. Die eleganten Tiere sind ebenfalls fester Bestandteil verschiedener Veranstaltungen in ganz Japan. Für Pferdefans die perfekte Gelegenheit, die Tiere auch in Japan hautnah zu erleben.
Im Folgenden findet ihr eine Auswahl von drei der bekanntesten Veranstaltungen, die sich um die Tiere drehen und ein Muss für Pferdeliebhaber sind.
Das Chagu Chagu Umakko Fest in der Stadt Morioka
An jedem zweiten Samstag im Juni ist es soweit. Dann tummeln sich ca. 100 Pferde von Bauern in den Straßen von Morioka, eine Großstadt und der Verwaltungssitz der Präfektur Iwate. Vom 14 km entfernten Schrein Onikoshisozen aus, ziehen die Pferde in farbenprächtigen Kostümen und behangen mit Glöckchen, zu dem Morioka Hachimangu Schrein in der Stadt Morioka.
Der Name Chagu Chagu Umakko (チャグチャグ馬コ) wird abgeleitet von dem Geräusch der klappernden Hufe auf Stein (chagu chagu チャグチャグ) und dem Spitznamen der Pferde „Umakko“ (馬コ).
Entstanden ist dieser Brauch aufgrund der Liebe zu Pferden in der Präfektur Iwate, die auch bekannt für ihre Pferdezucht ist. Vor ca. 200 Jahren wollten die Bauern ihren Pferden einen Tag Pause von der Reisernte gönnen. Daher brachten sie diese zum Onikoshisozen Schrein, der der Gottheit der Pferde gewidmet ist. Dort beteten sie für die Gesundheit ihrer Tiere.
Das Nikko Toshogu Reitaisai Fest, die 1.000 Samurai und ihre Pferde
Pferde als treue Begleiter der Samurai. Dieses Bild zeigt uns das Nikko Toshogu Reitaisai Fest (日光東照宮例大祭) in der gleichnamigen Stadt Nikko, gelegen in der Präfektur Tochigi nördlich von Tokio. Zweimal jährlich, im Frühjahr und im Herbst, findet hier die Nachstellung einer Prozession aus Zeiten der Edo-Periode statt, die zu Ehren des Daimyō (Feudalherren) abgehalten wurde.
Höhepunkt dieses Festes ist die Prozession der 1.000 Samurai, auch Hyakumono-zoroi Sennin Musha Gyoretsu (百物揃千人武者行列) genannt. Der Ursprung dieser Prozession bezieht sich auf Tokugawa Ieyasu und dessen Tod. Es wurde angenommen, dass seine Seele zu einer Gottheit wurde und hunderte von Menschen die Prozession und Tokugawas Seele zum Toshogu Schrein begleiteten.
Als Teil der Samurai-Kultur, wird während dieses Festes auch das Yabusame-Shinji (流鏑馬神事), das Bogenschießen vom Pferderücken aus, praktiziert.
Hachinohe Kiba Dakyu Polo: Ein Spiel zum Verbessern des Reitens
Aber natürlich werden Pferde in Japan nicht nur als heilige Tiere angesehen oder dienten den Samurai als Begleiter. Auch im Sport wurden sie eingesetzt, so wie im japanischen Polo (Spieler versuchen vom Pferderücken aus mit einem Holzschläger Bälle in ein Tor zu befördern), dem Kiba Dakyu (騎馬打毬).
Das Kiba Dakyu Polo entwickelte sich um das Jahr 1827 herum, als der Daimyō Nobumasa Nanbu die Reitkünste seiner Armee verbessern wollte.
Einem Kiba Dakyu Polo Spiel könnt ihr während des Hachinohe Sansha Taisai (八戸三社大祭) Fests im April in der gleichnamigen Stadt Hachinohe in der Präfektur Aomori beiwohnen.
Pferderennen in Japan: die Leidenschaft der Japaner
Kennt ihr die „heimliche“ Leidenschaft der Japaner? Nein? Dann wird es nun Zeit, euch von dieser zu erzählen. Denn jährlich finden auf den mehr als 20 Rennbahnen in Japan bis zu 18.000 Pferderennen, inklusive kleinerer Rennen, statt, deren erzielte Umsätze von keinem anderen Land der Welt übertroffen werden. Kurz gesagt: der Pferderennsport gehört zu einer der beliebtesten Sportarten im Land der aufgehenden Sonne.
Es wird gesagt, dass Pferderennen in Japan ihren Ursprung im Kamo Kurabeuma (賀茂競馬) finden, einem Ritual, welches jährlich am Kamigamo Schrein (Kamigamo jinja 上賀茂神社) im Norden Kyotos stattfindet. Bei diesem Ritual, welches erstmals im Jahr 1093 stattfand, treten für gewöhnlich zwei Pferde gegeneinander an, zwischen denen ein festgelegter Abstand besteht. Das Rennen geht normalerweise über sechs Runden. Der Gewinner wird durch den Abstand zwischen den beiden Pferden ermittelt und ob sich dieser verringert oder vergrößert hat.
Wenn ihr dieses traditionelle Pferderennen mit eigenen Augen sehen wollt, dann merkt euch den 5. Mai. An diesem Tag findet das Rennen traditionellerweise am Kamigamo Schrein in Kyoto statt. Gliedern tut sich die Veranstaltung in drei Teile: zuerst ein Morgenritual, gefolgt von den Gebeten für die Sicherheit und den Erfolg der Reiter, bevor anschließend das Rennen selbst ansteht.
Wo kann man in Japan reiten?
Aber nun möchte ich euch nicht länger auf die Folter spannen und euch auch nicht weiter vorenthalten, wo ihr selbst in Japan reiten könnt. Aber seid vorgewarnt, auch heute noch ist die Haltung von Pferden in Japan sehr kostspielig, weshalb die Preise für einen Reitausflug sehr hoch sein können.
Kostengünstige bzw. kostenfreie Möglichkeiten können das geführte Ponyreiten auf kleinen Höfen oder Reitclubs, wie dem Tokyo Riding Club in Shibuya (nur für Kinder) oder auf der Pferderennbahn in Fuchu, sein. Aber denkt daran, dass es sich hier wirklich nur um ein bis zwei Runden geführtes Reiten handelt.
Aber natürlich gibt es auch richtige Möglichkeiten zum Reiten in Japan. Ob in der Vulkanregion Aso in der Präfektur Kumamoto auf Kyushu, im südlichen Chiba in der Stadt Tateyama oder am Strand von Miura Kaigan in der Präfektur Kanagawa, es gibt einige Optionen, wenn ihr nach diesen sucht.
Abhängig von den ausgewählten Optionen, ob ihr einen Ausritt am Strand, durch die Berge oder mit Begleitung macht, können die Preise stark variieren. Kosten von 15.000 bis 23.000 Yen (ca. 120 bis 190 Euro) sind da keine Seltenheit. Und falls ihr zuvor noch nie auf einem Pferd gesessen habt: keine Sorge. Die meisten Optionen sind auf unerfahrene Reiter oder Personen ohne Vorkenntnisse zugeschnitten.
Entdeckt eure Leidenschaft für Pferde in Japan
Egal ob das Pferd als religiöses Kultobjekt, als treuer Begleiter der Samurai oder für einen Ausritt durch die faszinierende Landschaft Japans. Wenn ihr wisst, wo ihr suchen müsst, werdet ihr Pferden in Japan doch häufiger begegnen, als ihr zunächst einmal angenommen habt.
Und egal für welche Variante ihr euch entscheidet, für uns Pferdeliebhaber steht doch sowie fest, dass jedes Pferd ein göttliches Pferd ist, oder nicht?