Die Schmusetiger sind los – und das nicht erst seit gestern. Bereits seit Jahrhunderten nehmen Katzen in der japanischen Kultur eine ganz besondere Rolle ein, sei es als Glücksbringer, als Yokai in der japanischen Folklore oder als beliebtes Motiv für Tassen, Bücher und selbst Lebensmittel. Da stellt sich unsereins natürlich die Frage: Was hat es mit diesem Hype um Katzen in Japan auf sich?
In diesem Artikel wollen wir einen genaueren Blick auf die kulturelle Bedeutung der Vierbeiner werfen, ihre Darstellung in der japanischen Mythologie ergründen und natürlich erfahrt ihr auch, wo Katzen-Fans im Land der aufgehenden Sonne auf ihre Kosten kommen.
Katzen in der japanischen Kultur: Vom verehrten Glücksbringer zum kleinen Dämon
Wie bereits erwähnt, haben Katzen in der japanischen Kultur bereits seit Jahrhunderten eine besondere Rolle inne. Es heißt, dass Katzen ursprünglich während des sechsten Jahrhunderts aus China kamen und von buddhistischen Mönchen in Japan dafür genutzt wurden, um die heiligen Schriftrollen vor Mäusen, Ratten und anderem Ungeziefer zu schützen. Auch der Kaiser soll auf die nützlichen Vierbeiner aufmerksam geworden sein und sie als Haustiere gehalten haben. Die erste namentliche Erwähnung einer Katze namens Moyobu no Otodo soll von Kaiser Ichijo (980-1011) während der Heian-Zeit niedergeschrieben worden sein.
Mit ihrem Siegeszug in Japan, wurden Katzen außerdem zur Grundlage zahlreicher Legenden und Sagen, die sich noch heute in der japanischen Folklore finden lassen. Sie wurden aber auch zum Gegenstand literarischer Werke und künstlerischer Darstellungen, die auch vor dem Westen nicht Halt gemacht haben.
Katzen in der japanischen Folklore
Der allgemeine Begriff für übernatürliche Katzenwesen in der japanischen Folklore lautet „Kaibyō“ (怪猫), dieser umfasst neben den Katzen-Yokai auch bekannte Darstellungen von Katzen in Japan, wie die japanische Winkekatze Maneki-neko, die als Glückssymbol gilt.
Weitaus häufiger werden die Schmusetiger jedoch als Yokai, als übernatürliche Dämonen, dargestellt, die für allerhand Unruhe und Schabernack sorgen können. Zurückführen lässt sich dies auf die natürlichen Eigenschaften von Katzen, beispielsweise ihre veränderte Iris, je nach Tageszeit, ihr Talent sich anzuschleichen, ohne Geräusche von sich zu geben, ihre scharfen Krallen und Zähne oder auch ihre Schnelligkeit und Wendigkeit. Werfen wir nun aber einen Blick auf die bekanntesten „Kaibyō“ der japanischen Folklore.
Maneki-neko: Die japanische Winkekatze
Sie ist wohl das bekannteste übernatürliche Katzenwesen der japanischen Folklore, die sich auch außerhalb des Archipels einen Namen gemacht hat: die Maneki-neko (招き猫) oder auch „Winkekatze“ genannt. Sie gilt als Glückssymbol und Talisman, und tritt als aufrecht sitzende Katze in Erscheinung, die ihren Betrachter mit der rechten oder linken Pfote herbeiwinkt.
Typisches Merkmal der Maneki-neko ist ihre häufige Darstellung mit einem roten Halsband, das mit einem goldenen Glöckchen oder einer Plakette verziert ist, auf der das Kanji für „Glück“, „Kundschaft“ oder „Geld“ eingraviert ist.
Ein Vorgänger der heutigen Winkekatze soll bereits im späten 16. Jahrhundert von Mönchen des Sensō-ji-Tempels in Asakusa angeboten worden sein, damals noch unter dem Namen „Marushime-neko“. Der wahre Kult um die heute so beliebte dreifarbige Winkekatze, begann mit der Einführung der Katzenrasse Japanese Bobtail, die zuerst nur dem kaiserlichen Hof vorbehalten war und mit Beginn der Meiji-Zeit (1868-1912) auch das einfache Volk erreichte. Heutzutage sind die Glückskatzen Bestandteil zahlreicher Comics, Merchandise-Artikel und verschiedener Designs.
Bakeneko: Die übernatürlichen Katzen-Yokai
Weitaus weniger bekannt als ihr glücksbringender Gegenpart, ist die Bakeneko (化け猫), die auch „Koboldkatze“ oder „Spukende Katze“ genannt wird. Dieser kleine Katzendämon gehört der Gruppe der Yokai an und es heißt im japanischen Volksglauben, dass sie von bösartiger Natur ist.
Dem Glauben nach entwickeln sich Bakeneko aus älteren normalen Hauskatzen oder wenn sie das Blut ihres ermordeten Besitzers aufgeleckt haben. Im Zuge dessen sollen sie an Größe gewinnen und ihre Lust auf Menschenfleisch entdecken. Auch werden der Bakeneko schwarzmagische Kräfte nachgesagt, sie sollen sogar Verstorbene wie Marionetten für ihre Verbrechen nutzen oder deren Gestalt annehmen können.
Heutzutage sind die Bakeneko nicht nur ein beliebtes Motiv in Horrorfilmen, sondern finden sich auch im traditionellen japanischen Kabuki- und Bunraku-Theater wieder. Dort werden sie zumeist in weiblicher Form dargestellt und sollen die Verbindung von Feminismus, Formwandel und Tod repräsentieren.
Katzen in der japanischen Literatur und Kunst
Wenn ihr aber nun glaubt, dass es das mit Katzen in Japan bereits war, dann können wir Entwarnung geben. Denn die Samtpfoten sind ebenfalls ein gern gesehenes Motiv in der japanischen Literatur und Kunst.
Zu einem der wohl bekanntesten Werke der japanischen Katzenliteratur, gehört Natsume Sosekis satirischer Roman „Ich der Kater“, den er zwischen 1905 und 1906 schrieb. Das Buch, das aus Sicht eines Katers geschrieben ist, der im Haus eines Englischprofessors lebt, wurde zur Grundlage verschiedener Kino- und Fernsehfilme. Nicht weniger bekannt ist die 1936 erschienene Novelle „Eine Katze, ein Mann und zwei Frauen“ von Junichiro Tanizaki, einer der bedeutendsten Repräsentanten der modernen Literatur Japans.
Doch auch in der heutigen Literatur haben sich Katzen als Protagonisten etabliert: Darunter in den Werken „Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden“ (2012) von Genki Kawamura oder „Satoru und das Geheimnis des Glücks“ (2012) von Hiro Arikawa.
Mitte: „Sammle kleine Katzen und erstelle eine große Katze“ von Yoshifuji Utagawa.
Rechts: „100 berühmte Ansichten von Edo – Asakusa Taho Torinomachi-Pilgerreise“ von Hiroshige Utagawa.
Auch in der japanischen Kunst sind Katzen bereits seit Jahrhunderten vertreten, darunter in den bekannten Ukiyo-e-Holzschnitten von Kuniyoshi Utagawa, Yoshifuji Utagawa und Hiroshige Utagawa.
Katzen in Japan: Wo die Stubentiger zu finden sind
Jetzt werdet ihr euch aber mit Sicherheit die Frage stellen, wo ihr bei eurem nächsten Japanurlaub die Schmusetiger finden könnt, sei es Live und in Farbe oder als niedliches Accessoire. Die Antwort lautet: eigentlich überall.
Ihr werdet überwältigt sein von der Fülle an Produkten im Katzen-Design, die auch vor Lebensmitteln nicht halt machen. Natürlich gibt es aber auch Orte in Japan, an denen ihr den Samtpfoten besonders nah kommen könnt, so wie auf den berühmten Katzeninseln in Japan.
Katzeninseln in Japan
Ja, ihr habt richtig gehört. Der japanische Archipel besitzt mehr als nur eine Katzeninsel, um genau zu sein, bezeichnen sich rund ein Dutzend Inseln Japans als solche. Aber da eine Auflistung aller Inseln den Umfang dieses Artikels sprengen würde, konzentrieren wir uns hier auf unsere drei Favoriten:
Unser Platz eins ist die Insel Manabeshima (真鍋島) in der Präfektur Okayama. Gelegen im Seto-Binnenmeer und mit einer Fläche von 1,49 Kilometern, ist die wichtigste kommerzielle Aktivität Manabeshimas die Fischerei – ein Aspekt, den sich die Katzen der Insel zu Nutzen machen und so immer frisches Futter erhalten. Vor allem im Hafengebiet werdet ihr die Schmusetiger zu Gesicht bekommen, von denen einige so an den Menschen gewöhnt sind, dass sie jede kleine Streicheleinheit in vollen Zügen genießen. Da es sich bei den Tieren aber immer noch um Straßen- und keine Hauskatzen handelt, solltet ihr dennoch vorsichtig sein und die Tiere zuerst an eurer Hand schnuppern lassen, bevor ihr sie berührt. Denn einige der Katzen begegnen den Menschen eher mit Argwohn und nehmen reiß aus.
Unser Platz zwei der Katzeninseln in Japan ist die Insel Fukashima in der Präfektur Oita, die auch „Nekojima“, also Katzeninsel, genannt wird. Mit weniger als 50 Bewohnern und weit mehr als 100 Katzen, sind die Samtpfoten hier in der Überzahl. Auch auf diesem kleinen Stückchen Erde werdet ihr die Katzen vor allem am Hafen antreffen, wo die Fischerboote anlegen und die Tiere auf ihren Teil des Fangs warten. Während der Fisch hier frisch auseinandergenommen wird, fällt immer wieder etwas für die Samtpfoten ab.
Platz drei geht für uns an die Insel Aoshima in der Präfektur Ehime, denn auch hier sind Katzen eindeutig in der Überzahl. Wenn ihr die Insel mit ihren weniger als 15 Einwohnern und hunderten von Katzen besuchen wollt, solltet ihr einen Tagesausflug einplanen, denn ein Hotel gibt es auf der kleinen Insel nicht. Ebenso wenig werdet ihr hier ein Restaurant oder selbst einen Getränkeautomaten finden, nehmt euch also Proviant mit, wenn ihr nach Aoshima fahrt. Die Katzen der Insel werden mit Spenden aus ganz Japan versorgt, wodurch für ihr Wohlergehen gesorgt ist.
Gotokuji: Der Katzentempel in Tokio
Mit einer Katzeninsel kann Japans Hauptstadt zwar nicht dienen, dafür aber mit dem Katzentempel Gotokuji (豪徳寺) im südwestlichen Bezirk Setagaya. Doch warum Katzentempel? Der buddhistische Tempel, der bereits um 1480 errichtet wurde, überrascht seine Besucher mit einer enormen Hülle und Fülle an Maneki-nekos, die ihr hier in allen möglichen Größen und Formen erhalten könnt. Ob als kleiner Anhänger oder als Figur, im Souvenir-Geschäft des Tempels werdet ihr fündig.
Doch wie kam der Gotokuji zu seinen Katzen? Es heißt, dass im 17. Jahrhundert ein Mönch in dem alten Tempel lebte und dort streunende Katzen aufnahm, um die er sich kümmerte. Eines Tages lockte eine der Samtpfoten den damaligen Fürsten Naotaka Ii an, der sich auf dem Rückweg der Falknerei befand, als ein starker Sturm einsetzte. Die Katze soll am Tempeleingang gesessen und ihn mit ihrer Pfote herbei gewunken haben. Der Fürst soll von dem Glück, welches ihm das Tier beschert hatte, so beeindruckt gewesen sein, dass er dem Mönch versprach, den Tempel finanziell zu unterstützen. Und so wurde der Gotokuji 1633 wieder aufgebaut. Um dieser besonderen Katze zu gedenken, wurde im Tempel eine Statue von Maneki-neko angefertigt – deren Popularität in den folgenden Jahrhunderten weiter zunahm.
Nyan Nyan Ji: Der Katzentempel in Kyoto
Ein weiteres Highlight, das sich Katzen-Fans bei ihrem Japanbesuch nicht entgehen lassen sollten, ist der Nyan Nyan Ji in Kyoto. Bei diesem „Katzentempel“, handelt es sich allerdings nicht etwa um ein religiöses Gebäude, sondern um eine Kunstaustellung, die sich ausschließlich dem Motiv der Katze widmet. Echte Samtpfoten werdet ihr hier zwar nicht finden, doch eure eigenen Vierbeiner sind in der Ausstellung herzlich willkommen, Katzen sowie Hunde.
Die Obsession der japanischen Bevölkerung mit Katzen ist über die Jahrhunderte hinweg ungebrochen geblieben und auch ihr als Besucher werdet bei eurer nächsten Reise wahrscheinlich schnell in den Bann der Samtpfoten gezogen werden. Ob beim Besuch einer der Katzeninseln Japans oder durch die Hülle und Fülle an Gegenständen und Artikeln im Katzendesign – lasst euch von den Stubentigern verzaubern und lernt mehr über die Geschichte der Katzen in Japan bei eurem nächsten Besuch.