Wenn ihr in den 80ern oder 90ern aufgewachsen seid, kennt ihr höchstwahrscheinlich das Sega Genesis, das Super Nintendo Entertainment System oder die PlayStation, oder zumindest den allgegenwärtigen Begriff „Nintendo“, den jede Mutter zu verwenden scheint für die oben genannten Begriffe. Bei den Kindern aus den 80ern und 90ern, einschließlich mir, die jetzt weitgehend unabhängige Erwachsenen mit einem (umstrittenen) verfügbaren Einkommen und einem (möglicherweise weniger umstrittenen) Wunsch sind, ihre Kindheit noch einmal zu erleben, ist es kein Wunder, dass japanische Retro-Videospiele und Konsolen sowie das Interesse und die Nachfrage an diesen, auf dem Vormarsch sind. Und die überwältigende Popularität von Nintendos miniaturisierten NES- und SNES-Konsolen, ganz zu schweigen von den zahlreichen Neuveröffentlichungen von Sonys PlayStation, Segas Genesis und sogar NECs TurboGrafx-16 oder digitalen Veröffentlichungen älterer Castlevania-Titel auf PS4 und der Aufnahme von NES und SNES Titeln im Online-Service von Nintendo für die Switch, sprechen ganz für sich selbst.
All diese Veröffentlichungen für das moderne Publikum bieten denjenigen, die sich für ältere Videospiele interessieren, eine hervorragende Möglichkeit, sich diesem Interesse hinzugeben und sind zu diesem Zweck auch bestens geeignet. Aber was ist mit denjenigen, die etwas mehr Substanz suchen? Für diejenigen, die sich für Japan oder die japanische Kultur interessieren, bietet dieser Beliebtheitsboom die Voraussetzungen für eine nostalgische und erstaunlich zugängliche Gelegenheit für Souvenirs und den Spaß, der mit der Jagd nach den japanischen Retro-Videospielen bei eurer nächsten Japanreise einhergeht! Für die Retro-Spiele-Wildjagd in Japan gibt es drei wichtige Punkte. Diese Spiele und Andenken von gestern können nämlich:
- Schockierend günstig sein.
- In ganz Japan zu finden sein.
- Und jede Menge Spaß mit sich bringen!
1. Günstige Preise für Retro-Spiele in Japan
Also, wo sollen wir anfangen? Nun, für viele ist der Preis eine der größten Barrieren, um in die Retro-Spiele-Szene einzutreten. Tatsächlich ist dies oft einer der Hauptgründe für den jüngsten miniaturisierten klassischen Konsolenboom. Nintendos eigene NES Classic Edition wird für nur rund 50 Euro angeboten, oder kostengünstige digitale Neuveröffentlichungen, wie sie auf den meisten digitalen Vertriebsplattformen zu finden sind, wozu auch das Spiel Doom 64 für 4 Euro gehört. Diese Barriere ist sicherlich etwas, das man in der Sammlerszene beachten sollte (Kopien seltener Spiele wie Castlevania: Rondo of Blood für PCs kosten gewöhnlich mehr als 10.000 Yen), aber sie ist wesentlich geringer in Japan als in anderen Teilen dieser Welt.
Habt ihr bemerkt, wie viele Hersteller und Herausgeber von Spielen und Spielkonsolen der 80er und 90er Jahre in Japan ansässig sind? Nintendo, Sony, Sega, Konami, SquareSoft, Enix (Square Enix!), Hudson, Sunsoft – die Liste könnte noch ewig weiter fortgesetzt werden. Das bringt uns nun aber zu einem wichtigen Begriff, wenn es um den Markt für japanische Retro-Videospiele geht: Quantität. Es stehen einfach mehr Spiele zur Auswahl, als in anderen Ländern und Regionen. Eine Vielzahl weiterer Spiele wurde verkauft, auf staubigen Dachböden aufbewahrt und dann an Konsignationsgeschäfte weiterverkauft. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage in Aktion bedeutet hier: mehr Spiele und niedrigere Preise!
Ein flüchtiger Blick auf eBay und Yahoo Auktionen, zwei der führenden Auktionswebsites in Japan, zeigt, wie erstaunlich wahr dies sein kann. Ihr glaubt es mir nicht? Schaut euch einfach die Suchergebnisse für Earthbound und das japanische Äquivalent Mother 2 an. Wenn ihr euch genau umschaut, findet ihr möglicherweise eine Kopie von Earthbound, die zwar nicht an das Original herankommt, aber ihr Geld wert ist, ebenso wie das japanische Äquivalent.
Im Allgemeinen könnt ihr damit rechnen, für die meisten beliebten Spiele, die für beliebte Konsolen veröffentlich wurden zwischen 100 und 2.000 Yen zu zahlen (nämlich die meisten Konsolen, die von Nintendo, Sega und Sony auf den Markt gebracht wurden). Außer, ihr seid besorgt wegen der Originalverpackungen oder kauft die Spiele an einem Ort mit hohen Aufschlägen. Wenn eure Ziele nur Souvenirs sind, die nicht gespielt werden, könnt ihr sie für noch weniger Geld erhalten. In Fachgeschäften wie Super Potato werden sogar neu verpackte Junk-Teile und Softwares als Sammlerstücke für erhebliche Preisnachlässe verkauft, z.B. defekte, in Japan exklusive Famicom Disk System-Festplatten, die als Schlüsselanhänger verwendet werden. In Bezug auf Souvenirs können Spiele zu den günstigsten Einkäufen für Touristen gehören.
2. Japanische Retro-Videospiele und Games überall!
Kommen wir zum zweiten Problem: Wo fangen wir zu suchen an?
Potenzielle Verkäufer in anderen Teilen der Welt, wie Nordamerika, sind durch die geografische Größe ihrer jeweiligen Gebiete im Vergleich zu der begrenzten Anzahl von Spielen, die verkauft werden können, eingeschränkt. Viele Verkäufer beschränken sich daher auf kleine Fach- oder Onlinegeschäfte. Auf der anderen Seite findet ihr japanische Retro-Videospiele nicht nur in kleinen Tante-Emmaläden (auf Japanisch treffend als „Recycling-Läden“ bezeichnet) oder in Spezialgeschäften wie Super Potato und Surugaya, die sich in Ballungsräumen wie Tokio und Osaka befinden, sondern auch in größeren Ketten wie Book Off und Hard Off, die landesweit vertreten sind.
Manchmal macht der günstigste Fund auch am meisten Spaß: der, der in den Regalen eines winzigen Ladens vergraben ist, den ihr mitten im ländlichen Japan entdeckt. Einer meiner denkwürdigsten Einkäufe war ein Gamecube Game Boy für 200 Yen (das sind weniger als 2 Euro!), über den ich in einem Book Off in Kanagawa, auf der Rückseite eines schmalen Regals, gestoßen bin. Und ich frage mich bis heute, ob ich diesen Wonder Swan (kleine Konsole von Bandai) hätte kaufen sollen, den ich zufällig bei einem Hard Off in Akita entdeckt hatte.
Der Punkt ist, dass es nicht darum geht, wo man anfangen soll, sondern ob man anfangen soll! Egal wohin euch eure Reisepläne in Japan führen, wenn ihr entschlossen seid, werdet ihr überall auf japanische Retro-Videospiele stoßen. Lasst euch also nicht von eurem Zielort abhalten: fangt einfach an zu suchen!
3. Japanische Retro-Videospiele und der Spaß zu Hause!
Das letzte und vielleicht größte Hindernis ist die Frage: Was macht ihr mit eurer Beute, wenn ihr nach Hause kommt? Sind alle Spiele auf Japanisch oder nicht? Wie soll man sie ohne Japanischkenntnisse spielen? Und funktionieren sie überhaupt auf einer Konsole, die nicht aus Japan stammt?
Das sind mit Sicherheit berechtigte Bedenken, aber mit den richtigen Informationen und Erwartungen lassen sich diese auch beseitigen.
Bei dem Problem bezüglich der Sprache, solltet ihr auf Folgendes achten:
Viele Retro-Videospiele erfordern überhaupt keine Japanischkenntnisse!
Nur wenige würden argumentieren, dass die Action-, Arcade- oder Platformtitel wie Contra oder Sonic The Hedgehog eine Handlung mit großartig vielen Konservationen besitzen. Darüber hinaus wurde die Software, wie das ursprüngliche Metroid (Videospielreihe von Nintendo), in Bezug auf die Navigation und sprachunabhängige Rätsel weiterentwickelt. Die japanischen Versionen einiger Spiele, wie das Original Super Mario Bros., werden sogar auf Englisch abgespielt (so fragwürdig es auch manchmal sein mag).
(Den Spielern wird dieser Bildschirm angezeigt, nachdem alle 8 Hauptwelten in Super Mario Bros. 2 abgeschlossen wurden. Ursprünglich wurde es exklusiv in Japan für das Famicom Disk System veröffentlicht.)
Japanische Retro-Videospiele können ein großartiges Ziel sein, die japanische Sprache zu lernen!
Niemand, der bei klarem Verstand ist, wird argumentieren, dass Spiele wie Final Fantasy IV für die Super Famicom (Final Fantasy II für SNES in Nordamerika) ein gutes, modernes Lernmaterial für Japanisch darstellen (außer ihr möchtet wie ein kitschiger Fantasy-Held der 90er sprechen). Videospiele stellen jedoch ein hervorragendes und vor allem erreichbares Ziel zum Erlernen einer Sprache dar. Eine solche Motivation zu finden, ist oft eines der schwierigsten Elemente beim Erlernen einer anderen Sprache (seht das als Lehre eines selbsternannten Übersetzers an).
Ihr könnt Übersetzungsflicken verwenden!
Obwohl Retro-Gamer dazu neigen, sich über das fragwürdige Design und den Emulatorcode lustig zu machen, der in den Produkten des Retro-Zubehörherstellers Hyperkin verwendet wird, können Gamer mit der RetroN 5-Emulationsbox und ähnlichen Systemen eine echte physische Kassette verwenden und den Code legal zum Spielen auf modernen Fernsehern verwenden und von Fans erstellte Übersetzungen benutzen. Das kann durchaus ein Deal-Maker für einige Sammler sein, die zwar vielleicht eine Kopie von Earthbound in ihrer SNES Classic Edition besitzen, aber einfach gerne eine handgreifliche, spielbare Kopie zu ihrer Sammlung hinzufügen möchten, ohne ihr Bankkonto zu sprengen.
Und so umgeht ihr den Regionalcode
Aber was ist, wenn ihr euch Sorgen um mögliche regionale Einschränkungen macht? Dann können folgende Punkte berücksichtigt werden:
Einige moderne Systeme umgehen den Regionsschutz.
Ich habe zuvor das RetroN5 erwähnt, aber es gibt auch andere software- und hardwarebasierte Lösungen, die den Regionalcode umgehen können, darunter Retro Freak von CYPER Gadgets, Analouge von Nintento und Sega sowie ultrapräzise Klonkonsolen und vieles mehr.
Einige Systeme besitzen keinen Regionalcode!
Für diejenigen in den USA oder in anderen Gebieten, die den NTSC-Videoformatstandard verwenden, kann es überraschend sein, wie einfach japanische Mitbringsel zu Hause funktionieren können. Anders sieht es bei den PAL-Regionen aus, zu denen leider auch die meisten europäischen Länder gehören. Die folgenden Nintendo-Systeme gehören dem NTSC-Format an:
- NES: Das japanische Äquivalent des NES, das der Famicom, verwendet komplett andere Patronen, aber hier ist der Trick: Alles, was ihr brauchst, ist ein einfacher 60- bis 72-Pin-Adapter, damit es funktioniert. Setzt das Spiel eurer Wahl ein und los geht’s!
- SNEW/ N64: Das japanische SNES, das der Super Famicom und das japanische N64 haben eine etwas merkwürdige Methode, um ausländische Spiele zu entsperren: zwei kleine Plastiklaschen im Patronenschlitz. Wenn es euch nichts ausmacht, ein bisschen Plastik abzubrechen, dreht diese einfach an eurem Originalsystem ab und schon funktioniert es.
- Game Boy/ Game Boy Advance: Und hier das beste Beispiel. Es gibt überhaupt gar keine Regionssperre, also setzt das Spiel ein und viel Spaß!
Ihr könnt eine japanische Konsole zusammen mit dem Spiel erwerben!
Ihr müsst die elektrischen Standards, die an eurem Wohnort verwendet werden, überprüfen, bevor ihr die Konsole zu Hause anschließt. Die unproblematischste Lösung ist, dass ihr euch ein deutsches Netzteil und/ oder einen Spannungsumwandler besorgt und schon kann der Spaß losgehen!
Außerdem gibt es eine Reihe von Produkten, die im niedrigen Preissektor starten und bis in die höheren Preisklassen reichen, und die es ermöglichen Retro-Spiele auf modernen Bildschirmen spielbar zu machen. In RetroRGB findet ihr eine Plattform für Produkte wie RetroTINK oder den Micomsoft Framemeister.
Und zu guter Letzt, mag das jetzt zwar vielleicht selbstverständlich sein, aber letztendlich ist das Spieler dieser japanischen Retro-Videospiele nicht alles was zählt. Viele Menschen, zu denen auch ich mich zähle, haben große Freude daran, ihre Sammlung einfach in ihren Regalen zu bewundern. Denn wie lautet das Sprichwort: „Der Weg ist das Ziel.“ Eine klassische japanische Spielkassette auf einem Schreibtisch, auch wenn sie niemals in eine Konsole gesteckt wird, kann euch an die Zeit erinnern, die ihr in Japan verbracht habt. Sie kann euch an die Suche erinnern und ganz zu schweigen an die Gelegenheit, eure Liebe und eure Erfahrungen über Retro-Videospiele in Japan mit anderen zu teilen.
Egal, ob ihr eingefleischte Sammler seid oder nur ein vorübergehendes Interesse besitzt, es gibt viele Gründe und Möglichkeiten, sich in Japan mit Retro-Videospielen zu beschäftigen. Wenn ihr nun aber feststellt, dass japanische Retro-Videospiele genau eurem Geschmack entsprechen, dann benötigt ihr vielleicht noch einige Tipps und Hinweise für die Suche und wo sich die besonders großen Retro-Schatzkammern befinden, wie zum Beispiel Den Den Town, das Akihabara von Osaka. Wenn ihr euch genauer damit auseinandersetzen wollt, wie ihr diese Spiele nach eurer Ankunft zu Hause in Betrieb nehmen könnt, empfehle ich euch die Seite RetroRGB und den Youtuber My Life in Gaming. Aber bis dahin, schaut euch auf eurer nächsten Reise doch einfach um. Denkt daran, es sind immer noch die Reise, der Spaß und die Erinnerungen, die wichtig sind!
Übersetzung von Yvonne.