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Die japanischen Traditionen enthalten zahlreiche Bräuche und Rituale, die für Personen aus der westlichen Welt vielleicht suspekt erscheinen mögen, in Hinblick auf die religiösen Lehren des Buddhismus und Shintoismus jedoch Sinn machen. Auch die Traditionen rund um japanische Friedhöfe (hakaba, 墓場) machen da natürlich keine Ausnahme und werden euch mit ihren zahlreichen Ritualen wahrscheinlich überraschen.

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In diesem Artikel werden wir euch über japanische Friedhöfe aufklären, über die Traditionen und Rituale während des Obon-Festes, welches zum Gedenken an die Verstorbenen abgehalten wird und euch ebenfalls kulturell besondere japanische Friedhöfe vorstellen.

Japanische Friedhöfe: Was macht sie so besonders?

Kommen wir aber zuerst einmal zu der Frage, was japanische Friedhöfe so besonders macht. Denn denken wir an einen Urlaub in Japan, ist der Friedhof wahrscheinlich nicht die erste Anlaufstelle, die uns einfallen würde. Doch dabei gibt es wohl keinen faszinierendsten Ort, um die enge Verbundenheit der Japaner mit dem Nachleben und dem Buddhismus zu begreifen.

Da im Shintoismus der Tod als etwas unreines angesehen wird, findet ein Großteil aller Beerdigungen in Japan heutzutage nach buddhistischen Ritualen statt, was bedeutet, dass der Körper des Verstorbenen verbrannt und in einem Familiengrab beigesetzt wird. Anders als wir es aus Europa oder Amerika kennen, repräsentiert der Grabstein (墓石, hakaishi) somit die gesamte Familie

Falls ihr euch wundert, was die hölzernen Tafeln hinter den Gräbern zu bedeuten haben, hier ist die Erklärung: Der Tradition nach erhalten die Verstorbenen nach ihrem Ableben einen buddhistischen Namen (戒名, kaimyō,) von einem Priester, der verhindern soll, dass der Verstorbene ins Diesseits gerufen wird, wenn sein weltlicher Name fällt. Üblicherweise werden für den buddhistischen Namen altmodische Kanji verwendet, um zu vermeiden, dass der Name in alltäglichen Gesprächen fällt. Dieser Name kann sich auf den hölzernen Täfelchen, genannt Itatōba (板塔婆), hinter dem Grabstein befinden. Zum Teil lässt sich auch der Name eines Buddhas oder Sanskritzeichen auf den Holztäfelchen finden.

Wie unterscheiden sich japanische Grabsteine von westlichen?

Typischerweise besteht das japanische Familiengrab auf aus einem steinernen Monument, das Platz für eine Blumendekoration, Räucherstäbchen und Wasser bietet. Die individuellen Namen der Familienmitglieder werden in den meisten Fällen in die Seiten des Grabsteins eingraviert. Zwar unterscheidet sich dieser Brauch von Region zu Region, doch zumeist werden die Namen der lebenden Familienmitglieder in rot eingefärbt, um sie von den Verstorbenen zu unterscheiden.

Der angebotene Platz für das Wasser soll vermeiden, dass die Verstorbenen durstig sind, er kann aber auch mit Sake gefüllt werden, wenn die Ahnen diesen mochten.

Die traditionelle Form eines Grabes ist die Gorin-tō (五輪塔) Form, eine Pagodenform aus fünf Steinblöcken, die die fünf Elemente der buddhistischen Philosophie – Erde, Wasser, Feuer, Luft und das Nichts – repräsentieren. Oftmals finden sich auf den einzelnen Teilen des Grabmonuments die Zeichen für das jeweilige Element wieder, aber auch Sanskritzeichen können eingraviert sein. Diese Form des Grabsteins befindet sich häufig auf älteren Friedhöfen, moderne Grabsteine besitzen zumeist eine säulenartige Form.

Warum sind japanische Friedhöfe ein kulturelles Gut?

Doch die japanischen Friedhöfe, wie wir sie heute kennen, haben sich erst im Laufe der Jahrhunderte entwickelt. Noch zwischen dem dritten und siebten Jahrhundert wurden bedeutsame Menschen in riesigen Begräbnisstätten beigesetzt. Diese Begräbnisstätten, genannt Kofun (古墳) und auch bekannt als Hügelgräber, finden sich in zahlreichen Varianten wieder, einfache Grabstätten, die rund oder eckig und nur wenige Meter breit waren, während andere Kofun gigantische Dimensionen aufwiesen und aus der Vogelperspektive einem Schlüsselloch ähnelten.

Kofun, ein Hügelgrab in Japan.
Kofun, auch bekannt als Hügelgrab. Foto von Joachim Ducos.

Noch heute bekannte Kofun in Japan sind das Nintokuryo, welches eines der größten Gräber der Welt darstellt, mit einer Größe von ca. 470.000 m² inklusive des Grabens und zu Ehren des Kaisers Nintoku (仁徳天皇陵), Mitte des 5. Jahrhunderts, errichtet wurde. Ebenso wie das Kofun des Kaisers Richu, erbaut im frühen fünften Jahrhundert, sollte es in Form eines Schlüssellochs, vom Meer aus sichtbar sein.

Mit mehr als 200.000 Gräbern buddhistischer Mönche, ist der Okunoin Friedhof der größte japanische Friedhof und befindet sich in der Kansai Region auf dem Berg Koya (高野山, koyasan) und umgibt den gleichnamigen Tempel Okunoin. Der Sage nach ruhen auf dem Koyasan keine Toten, sondern nur wartende Seelen auf der Weiterreise.

Der größte städtische Friedhof Japans ist der Tama Friedhof (多摩霊園, tama reien) in Fuchu, Tokio. Errichtet im Jahr 1923, umfasst der Tama Friedhof 128 Hektar und ist die letzte Ruhestätte einiger Größen der japanischen Geschichte. Darunter der Schriftsteller Mishima Yukio (1925-1970); der 33. Premierminister von Japan, Hayashi Senjūrō (1876-1943) und der Künstler Okamoto Tarō (1911-1996).

Japanische Friedhöfe, hier der Tama Friedhof.
Eingang zum Tama-Friedhof in Tokio.

Der bei Besuchern von Tokio beliebte Zōjō-ji Tempel (増上寺), am Rande des Tokyo Towers, ist bekannt für seine zahlreichen buddhistischen Jizō Statuen. Die mit roten Mützchen und Windrädern bestückten Statuen, repräsentieren ungeborene Kinder, ebenso wie Fehlgeburten, Abtreibungen und Sternenkinder.

Jizo Statuen als Symbol für Verstorbene Kinder.
Jizō Statuen am Zōjō-ji Tempel in Tokio.

Japanische Friedhöfe lassen sich aber natürlich nicht nur in Randgebieten großer Städte oder an heiligen Orten in der Nähe von Tempeln finden, manchmal werdet ihr sie auch in ländlichen Gegenden, in der Nähe von Reisfeldern, hinter Gärten oder mitten im Wald finden. Diese alten, zumeist mit Moos bewachsenen Grabstätten, werden sicherlich auch euch in ihren Bann ziehen.

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Das Obon-Fest: Heißen wir die Verstorbenen Willkommen!

Das Obon-Fest (お盆, obon) ist eine buddhistische Tradition für die Seelen der verstorbenen Ahnen, die mit ihren Familienmitgliedern im Diesseits wieder zusammengeführt werden sollen und seit bereits mehr als 500 Jahren in Japan zelebriert wird. In diesem Jahr wird Obon vom 13. bis 16. August gefeiert.

Der Kamidana, ein hauseigener shintoistischer Hausaltar.
Kamidana, ein shintoistischer Hausaltar.

Verbunden mit dem Obon-Fest gehen einige Traditionen einher, wie die Opfergabe von Speisen vor buddhistischen Tempeln oder den auseigenen Schreinen, die buddhistische Variante des hauseigenen Schreins nennt sich Butsudan (仏壇), während shintoistische Hausaltare Kamidana (神棚) genannt werden. Neben den Opfergaben stellen die Familien ebenfalls aufgespießte Gurken und Auberginen auf, die Pferde und Rinder symbolisieren sollen. Die Gurke, das Symbol des Seelenpferdes (精霊馬, shōryō-uma), soll die Seele des Verstorbenen schnell ins Diesseits zu seiner Familie bringen, während das Seelenrind (精霊牛, shōryō-ushi), symbolisiert durch die Aubergine, die Seele langsam wieder zurück ins Jenseits bringt.

Die Aubergine, die das Seelenpferd repräsentiert.
Das Seelenpferd soll die Verstorbenen ins Diesseits bringen.

Das Obon-Fest wird ebenfalls dazu genutzt, das Familiengrab zu besuchen (お墓参り, ohaka mairi) und dieses zu reinigen.

Bon-Odori: Der Tanz zum Willkommen heißen der Seelen der Verstorbenen

Mit dem Obon-Fest gehen auch die Bon-Odori (盆踊り) Tänze einher, die die Seelen der Verstorbenen im Diesseits willkommen heißen sollen. Die Tänze sowie die Musik unterscheiden sich von Ortschaft zu Ortschaft.

Der Obon Tanz heißt die Seelen der Verstorbenen willkommen.
Bei dem Bon-Odori kann jeder mitmachen. Fotos von Todd Fong.

Seinen Ursprung findet der Bon-Odori in dem buddhistischen, rituellen Tanz Nenbutsu 念仏, der zur Vergegenwärtigung von Buddha aufgeführt wurde.

Heutzutage ist der Bon-Odori ein beliebtes Tanzfest bei dem Groß und Klein, Jung und Alt, Einheimische sowie Touristen gleichermaßen teilnehmen können. Wenn ihr also die Gelegenheit habt und ein Bon-Odori Fest besuchen könnt, merkt euch die einfachen Tanzschritte und reiht euch einfach bei den Tänzern mit ein!

Okuribi: Das Feuerritual während der Obon-Zeit

Ein weiteres traditionelles Ritual ist das Okuribi (送り火), das Feuer soll die Seelen der Verstorbenen am Ende des Obon-Fests zurück in das Jenseits begleiten. Eines der bekanntesten Okuribi bzw. Gozan no Okuribi (五山送り火, „Geleitfeuer der fünf Berge“) findet jährlich in Kyoto statt und ist ebenfalls unter dem Namen Daimonji (大文字) bekannt. Während des Okuribi werden fünf Funkenfeuer auf bestimmten Bergen rund um Kyoto herum entfacht, um die Geister der Verstorbenen in ihre Welt zurückzuführen.

Gozan no Okuribi, Daimonji Festival in Kyoto
Foto von Clémentine.

Die Schriftzeichen bzw. Formen der fünf Feuerstellen sind folgende:

  • 大, dai – Das Schriftzeichen für „groß“.
  • 妙, myō・法, – „Wundersamer Dharma“ in Bezug auf die buddhistische Lehre.
  • 舟形, funagata – Abgebildet wird die Form eines Schiffs.
  • 大, dai – Eigentlich hidari daimoji  左大文字, das linke „Groß“-Schriftzeichen.
  • 鳥居形, toriigata – Abgebildet wird die Form eines Torii-Tors.

Also, wenn ihr das nächste Mal an einem japanischen Friedhof vorbeilauft, nehmt euch die Zeit ihn näher zu betrachten. Entdeckt die vielen buddhistischen Elemente, die hier versteckt sind und lasst euch von der reichen Kultur Japans, mit all ihren Traditionen und Ritualen, verzaubern.

Yvonne Tanaka

Yvonne Tanaka

Ursprünglich aus Berlin, habe ich in Japan meine zweite Heimat gefunden. Fasziniert vom Land, der Kultur und den Menschen, zieht es mich bereits seit 2012 regelmäßig in das Land der aufgehenden Sonne. Nach einem einjährigen Studienaufenthalt und einem Praktikum, zieht es mich 2022 wieder zurück in meine alte Heimat, in das Zentrum von Tokio.