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Wer bereits ein Erdbeben in Japan erlebt hat, weiß, dass sich diese zumeist kaum bemerkbar machen und lediglich wenige Sekunden anhalten. Denn die Erde in Japan bebt jährlich rund 5.000 Mal, wobei mehr als die Hälfte aller Erdbeben in Japan eine Stärke von 3.0 bis 3.9 besitzen und damit für die meisten kaum bis gar nicht spürbar sind. Und dennoch lassen sich rund um den japanischen Archipel im Jahr ca. 160 Erdbeben mit der Magnitude 5 oder höher verzeichnen.

In diesem Artikel wollen wir euch aufklären, weshalb Japan so häufig von Erdbeben aufgesucht wird, was ihr im Falle eines Erdbebens zu tun habt und welche Erdbeben die japanische Geschichte geprägt haben.

Wie oft gibt es Erdbeben in Japan?

Wie bereits erwähnt, bebt die Erde in Japan durchschnittlich 5.000 Mal pro Jahr, wobei mehr als die Hälfte der Erdbeben kaum wahrgenommen werden. Entweder aufgrund der geringen Magnitude oder weil das Epizentrum weit von der Küste Japans entfernt liegt.

Erdbeben mit der Magnitude 3.0 – 3.9, lassen sich mit rund 3.800 Beben jährlich verzeichnen, Beben mit der Stärke 4.0 – 4.9, ca. 900 pro Jahr.

Der jährliche Durchschnitt an Erdbeben in Japan.
Die Tabelle zeigt den jährlichen Durchschnitt an Erdbeben in Japan an. Daten von der Japan Meteorological Agency.

Warum gibt es so viele Erdbeben in Japan?

Der Grund für die gehäufte Anzahl an Erdbeben in Japan besteht darin, dass sich das Land auf dem sogenannten pazifischen Feuerring (環太平洋火山帯, kantaiheiyoukazantai) befindet, eine ca. 40.000km lange Kette, bestehend aus mindestens 450 Vulkanen. Allein in Japan finden sich rund 265, als potenziell aktiv eingestufte, Vulkane wieder.

Begünstigt durch die Tektonik Japans, durch die vier Kontinentalplattendie pazifische, die philippinische, die eurasische und die nordamerikanische Platte – die hier auf flüssigem Erdgestein aufeinandertreffen und sich unter- und übereinander schieben, entstehen starke Spannungen, die sich irgendwann lösen müssen und in Form von Erdbeben äußern.

Neben dem Aufeinandertreffen der Kontinentalplatten, gilt auch der Japangraben als eine weitere Ursache für die zahlreichen Erdbeben. Der Japangraben ist eine 800 Meter lange Tiefseerinne, die sich in einer Tiefe von 8410 Metern im nordwestlichen Teil des Pazifiks befindet. Im Jahr 2006 wurden hier in 5000 Metern Tiefe seismisch aktive Vulkane von einer Höhe von 50 Metern entdeckt, die ebenfalls für das Erdbeben im März 2011 verantwortlich gemacht werden können.

Was solltet ihr bei einem Erdbeben in Japan tun?

Aber was, wenn nun wirklich der Fall eines unerwartet schweren Erdbebens eintritt und ihr euch in Japan befindet?

Konkrete Details, wo ihr Informationen auf Englisch erhalten könnt, wo ihr Hilfe findet und wie ihr reagieren solltet, findet ihr in unserem Leitfaden zu Hilfe in Japan bei Katastrophen, medizinischen Problemen oder Verbrechen.

Ansonsten gilt die Regel, wenn ihr euch in Räumen befindet, euch unter einem stabilen Tisch oder Türrahmen Schutz zu suchen und von Regalen, die auf euch fallen könnten, wegzubleiben. Wenn ihr euch draußen befindet, sucht eine freie Fläche auf, möglichst nicht in der Nähe von Bäumen, Automaten oder anderen Gegenständen oder Gebäuden, die auf euch fallen könnten.

Warnung bei einem Erdbeben in Japan auf dem Smartphone.
Bei starken Erdbeben erhaltet ihr die Warnungen auch in eurer Muttersprache.

Achtet ebenfalls auf die Lautsprecherdurchsagen mit Warnungen, die von lokalen Gebäuden in japanischen Städten aus kommen und auf die Warnungen, die auf eure Mobiltelefone geschickt werden, wenn ihr entweder eine japanische Telefonnummer besitzt oder auch, wenn ihr eine Data-Only-Sim-Karte verwendet.

Weitere Vorschläge für Apps, die euch bei Naturkatastrophen in Japan informieren, findet ihr in unserem Leitfaden für Hilfe in Japan.

Schwere Erdbeben in der japanischen Geschichte

In der Geschichte Japans lassen sich bereits einige schwere Erdbeben verzeichnen, die eine Magnitude von 7 oder stärker besaßen und eine hohe Opferzahl mit sich brachten. Einige dieser Erdbeben liegen bereits Jahrzehnte bzw. sogar knapp ein Jahrhundert zurück, während sich andere erst in der jüngsten Vergangenheit ereigneten.

Das große Kanto-Erdbeben von 1923

Mit einer Stärke von 7.9 erschütterte am 1. September 1923 ein Erdbeben in Japan die Region Kanto und zerstörte die Städte Tokio und Yokohama. Mit mehr als 100.000 Toten ging das große Kanto-Erdbeben (関東大震災 , Kanto daishinsai) als eines der opferreichsten und größten Erdbeben in die japanische Geschichte ein. Im Zuge des Stadtbrands, ausgelöst durch das Erdbeben selbst, stieg die Opferzahl sogar auf über 140.000 Tote.

Der Hamarikyu-Garten, Tokyo,
Der Hamarikyu-Garten in der Großstadtmetropole Tokio.

Das Erdbeben führte in der Metropolregion nicht nur zu den Großbränden, die dadurch zustande kamen, dass ein Großteil der Bevölkerung zum Zeitpunkt des Erdbebens gerade das Mittagessen vorbereitete, sondern ebenfalls zu einem Tsunami in der Sagami-Bucht. Die Bucht, die sich im Süden der Präfektur Kanagawa befindet, war auch das Epizentrum des Erdbebens, von welchem die 12-Meter hohe Tsunamiwelle ausging. Die Landmassen der Bucht verschoben sich bei dem Erdbeben um zwei Meter nach oben.

Das Erdbeben von Kobe 1995

Mit der Stärke 7.3 erschütterte am 17. Januar 1995 ein Erdbeben die Stadt Kobe, infolgedessen über 6.000 Menschen starben. Das Epizentrum des Erdbebens, auch als Hanshin-Awaji-Erdbebenkatastrophe (阪神・淡路大震災, Hanshin Awaji daishinsai, ) bekannt, lag ca. 20km südwestlich vom Stadtzentrum Kobes entfernt, in einer Tiefe von 16km.

Die Hafenstadt Kobe wurde 1995 von einem schweren Erdbeben heimgesucht. Foto von Johanna Christoph.

Wie bei dem großen Kanto-Erdbeben machte sich auch beim Erdbeben von Kobe die tektonische Verschiebung der Platten bemerkbar. Die Akashi-Kaikyō-Brücke (明石海峡大橋), die heute die Hauptinsel Honshu mit der Insel Awaji (淡路島) verbindet, befand sich 1995 noch im Bau. Die Pfeiler der Brücke wurden bei dem Beben um knapp einen Meter auseinander verschoben.

Heutzutage wird der 17. Januar in Japan als Tag des Katastrophenschutzes und der freiwilligen Hilfe (防災とボランティアの日, Bōsai to Borantia no Hi) zelebriert. Darüber hinaus wird in Kobe (神戸市) jedes Jahr im Dezember das Kobe Luminarie (神戸ルミナリエ) zum Gedenken an die Opfer des Erdbebens abgehalten.

Das Tōhoku-Erdbeben 2011

Das Tōhoku-Erdbeben (東日本大震災, Higashi-Nihon daishinsai, dt. „Große Erdbebenkatastrophe Ost-Japans“) ereignete sich am 11. März 2011 und ist mit einer Magnitude von 9.1, das stärkste Erdbeben seit Beginn der Aufzeichnungen in Japan. Das Seebeben ereignete sich vor der Sanriku-Küste vor der Präfektur Miyagi, ca. 130km östlich von Sendai und 370km nordöstlich von Tokio entfernt.

Die durch das Erdbeben ausgelöste, bis zu 23-Meter hohe, Tsunamiwelle, die ca. 500km² der japanischen Pazifikküste überflutete sowie die Nuklearkatastrophe im Kernkraftwerk Fukushima gaben dem Tōhoku-Erdbeben ebenfalls den Beinamen Dreifachkatastrophe.

Die Wiedergeburt von Fukushima: Neueröffnung des J-Village und ein Spitzenrestaurant mit lokalen Zutaten, Japan.
Nagatoshi “Naga” Shiraishi vor seinem Haus in der Stadt Iwaki, Präfektur Fukushima.

Nach dem aktuellen Stand von Juni 2020 kamen bei der Dreifachkatastrophe 15.899 Personen ums Leben und 2.529 gelten noch heute als vermisst. Infolge der Zerstörungen und der Nuklearkatastrophe waren knapp eine halbe Millionen Menschen dazu gezwungen ihre Wohnungen und Häuser zu verlassen.

Ebenso wie die beiden vorher erwähnten Erdbeben, zeigte auch das Tōhoku-Erdbeben Auswirkungen auf die Plattentektonik, so verschob sich die japanische Hauptinsel Honshu um 2,4 Meter nach Osten und die Oshika-Halbinsel der Präfektur Miyagi senkte sich um bis zu 120cm.

In den Tagen und Wochen nach der Katastrophe konnten ca. 500 Erdbeben mit einer Magnitude von 5.0 bis hin zu 7.0 registriert werden.

Das Noto-Erdbeben 2024

Das Noto-Erdbeben 2024 (令和6年能登半島地震 Reiwa 6-nen Noto-hantō jishin, „Noto-Halbinsel-Erdbeben des Jahres Reiwa 6“) ereignete sich am Neujahrstag um 16:10 Uhr japanischer Ortszeit mit einer Stärke von 7,6; rund sieben Kilometer nordwestlich vor der Küste von Suzu auf der japanischen Halbinsel Noto in der Präfektur Ishikawa, in einer Tiefe von rund 16 Kilometern (Stand: 29. Februar). In Folge des Erdbebens kam es zu der ersten großen Tsunami-Warnungen seit dem Tōhoku-Erdbeben von 2011. Wellen von über 1,2 Metern trafen die Stadt Wajima, gelegen im Norden der Noto-Halbinsel, kleinere Wellen wurden in den Städten Kanazawa, Sakata, Kashiwazaki, Tobishima und Toyama gemeldet. Die größte Tsunami-Welle mit rund vier Metern traf die Stadt Suzu und überflutete ein Gebiet von ungefähr 30 Hektar.

Insgesamt kamen bei dem Erdbeben und dem anschließenden Tsunami 241 Menschen ums Leben, 320 Personen wurden schwer verletzt, davon allein 312 in der Präfektur Ishikawa. Nach Stand vom 29. Februar wurden 7.737 Gebäude vollständig zerstört und 12.681 teilweise.

Sado-Insel Niigata
Auch auf der Sado-Insel in der Präfektur Niigata wurden Tsunami-Wellen registriert. Foto von Estelle.

Erdbeben in Japan sind etwas mit dem ihr zu jeder Tages- oder Nachtzeit rechnen müsst, aber macht euch keine Sorgen. Die meisten dieser Beben werdet ihr gar nicht erst wahrnehmen, aufgrund der erdbebensicheren Bauweise japanischer Gebäude. Gedämpfte Pfeiler, verankert in massiven Betonfundamenten werden dafür sorgen, dass ihr auch solche Ereignisse in Japan unbeschadet übersteht. Also keine Angst und genießt eure Japanreise!

Letztes Update: 01/03/2024

Yvonne Tanaka

Yvonne Tanaka

Ursprünglich aus Berlin, habe ich in Japan meine zweite Heimat gefunden. Fasziniert vom Land, der Kultur und den Menschen, zieht es mich bereits seit 2012 regelmäßig in das Land der aufgehenden Sonne. Nach einem einjährigen Studienaufenthalt und einem Praktikum, zieht es mich 2022 wieder zurück in meine alte Heimat, in das Zentrum von Tokio.